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Sometimes you put walls up not to keep people out, but to see who cares enough to break them down.

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So ein kurzes Vorwort von mir: Erst mal allen, die sich hierher verirrt haben, ein frohes neues Jahr. Die FF hier ist sozusagen mein NeujahrsprojektxD (falls es irgendwen interessiert, ich werde ab jetzt auch bei meinen anderen FFs wieder die Zeit finden, regelmässig zu updaten)... Ja, die Idee, keine Ahnung, ich wollte was mit Kazuki in der Hauptrolle und ich fand den Spruch, den ich als Titel genommen hab, so schön inspirierend^-^ Auf jeden Fall viel Spaß beim Lesen.
 

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Ein letztes Mal untersuchte Kazuki sein Gesicht genau im Badezimmerspiegel, ob er auch alle Anzeichen des gestrigen Tages komplett überschminkt hatte. Er hatte neben einem Veilchen noch hässliche rote Striemen auf der linken Wange und auch wenn dem Braunhaarigen klar war, dass sowieso jeder in der Schule wusste, was ihm dort Tag für Tag passierte, wollte er es doch nicht zu offensichtlich zur Schau stellen. Es war nicht so, dass er eitel war, wieso auch er war ja nicht hübsch, er wollte nur eben nicht so für jeden deutlich wie das Opfer aussehen, das er war. Und deswegen überschminkte er die sichtbaren Male seiner Pein wie fast jeden Morgen. Am Anfang hatte Kazuki es noch gelassen, hatte sich lieber den fragenden, abwertenden Blicken der anderen hingegeben. Er hatte irgendwie auch Angst gehabt, dass das Mobbing dann noch schlimmer werden würde. Aber nachdem er gemerkt hatte, dass das nicht der Fall war, war er dazu übergegangen seine Wunden zu überschminken. Seine Mitschüler beschimpften ihn sowieso als Schwuchtel, ein bisschen mehr oder weniger Make-Up machte da auch keinen Unterschied.

Der Braunhaarige strich sich noch einmal die Haare zu Recht und lächelte seinem Spiegelbild aufmunternd entgegen, bevor er das Bad verließ. Er musste sich selbst ein bisschen Mut machen, in die Schule zu gehen. Aber bis jetzt hatte er es jeden Tag überlebt, mehr oder weniger verletzt. Meistens kam er eigentlich mit ein paar blauen Flecken, ausgerissenen Haaren oder kaputten Klamotten davon. So schlimm wie gestern war es in den letzten Wochen selten gewesen, aber das Schuljahr hatte ja gerade erst begonnen. Der einzige Lichtblick: Es war das letzte Jahr der Oberschule. In ein paar Monaten würde er das Alles hinter sich gelassen haben. Dann wäre der Alptraum vorbei, endlich.

Auf dem Weg in die Schule beschäftigte Kazuki sich wie immer damit möglichst nicht aufzufallen. Er vermied in der Bahn jeglichen Blickkontakt, duckte sich weg sobald er jemanden sah, der dieselbe Schule besuchte und lief wie immer einen längeren Weg durch die Nebenstraßen. Wofür er möglichst genauso lange brauchen wollte, dass er nur knapp vor Unterrichtsbeginn in seinem Klassenraum ankam. Früher war er immer extra viel zu früh gekommen, in der Hoffnung seinen Peinigern so aus dem Weg gehen zu können, aber mit der Zeit hatte er gemerkt, dass es effektiver war, erst kurz vor dem Lehrer oder am besten zeitgleich mit diesem anzukommen, denn dann kamen erst mal nicht mehr als blöde Sprüche und Beleidigungen und damit konnte Kazuki gut leben. Er war innerlich sowieso so fertig, dass es nichts mehr gab, was jemand zu ihm sagen konnte, was ihn noch schlimmer verletzen konnte. Außerdem machte er sich keine Illusionen über sich selbst, er wusste, dass er hässlich, nicht sonderlich intelligent, unbeliebt und eine feiger Schwächling war. Die anderen sagten also bloß die Wahrheit.

Heute hatte Kazuki es auch wirklich geschafft zeitgleich mit ihrem Mathelehrer anzukommen und so konnte er sich ungestört auf seinen Platz setzen. Über die Jahre war Mathe sogar Kazukis Lieblingsfach geworden, nicht weil er besonders gut darin war oder so, sondern weil sie seit dem Beginn der Oberschule den gleichen Lehrer hatten und dieser furchtbar streng war. So streng, dass sich nicht einmal Sono traute, den Braunhaarigen auch nur mit einem Stift zu bewerfen, denn das Risiko eine Strafarbeit zu bekommen, war einfach zu groß. Und so hatte er wirklich die ersten beiden Stunden Ruhe, konnte entspannt dem Unterricht folgen, ohne Angst gleich mit Stiften oder anderem beworfen zu werden.

Als es irgendwann zur Mittagspause läutete, rannte Kazuki regelrecht aus dem Klassenraum. Sein Ziel war ein kleiner Platz hinter den Turnhallen, den außer ihm anscheinend niemand kannte und an dem er bis jetzt immer sicher vor den anderen gewesen war. Falls er es bis dahin geschafft hatte, denn meistens wurde er vorher von irgendjemandem abgegriffen. Und da das Leben ihn sicher hasste, rannte er heute natürlich direkt in einen kleinen Blonden, den er nur allzu gut kannte, kaum war er aus dem Klassenraum getreten. Aber wieso sollte er nach heute Morgen noch ein zweites Mal am Tag Glück haben?

„Kazuki.“, kam auch sofort ein bedrohliches Knurren von dem Kleineren, der im Gegensatz zu dem Braunhaarigen bei ihrem Zusammenprall auf dem Boden gelandet war, da er eben einfach ein ganzes Stückchen kleiner und leichter als Kazuki war. Eigentlich war es doch lächerlich, dass er sich von so jemandem tyrannisieren ließ, wobei bei Ruki das Äußere täuschte. Kazuki hatte ganz am Anfang ein Mal den Fehler begangen sich gegen den Kleineren zu wehren, war ihm aber haushoch unterlegen gewesen.

„Ent… Entschuldigung.“, brachte er stotternd hervor, wollte so schnell wie möglich hier verschwinden, doch eine Hand die sich bestimmt auf seine Schulter legte hielt ihn zurück. Nein, bitte nicht. Kazuki spürte wie er grob herumgedreht wurde, kniff reflexartig die Augen zusammen, auch wenn er wusste, dass es nichts daran ändern würde, dass Sono dort stand und ihn gleich wieder mit seinen üblichen Grausamkeiten überhäufen würde.

„Nana, Schwuchtel, das ist aber nicht nett, andere Leute umzurennen.“, kam es belustigt von dem Schwarzhaarigen, der ihn jetzt grob an seiner Uniformjacke packte und zu sich zog. „Und ich mag es auch gar nicht, wenn du vor mir wegrennst.“ Sono hatte schon wieder dieses bedrohliche Zischen in der Stimme und Kazuki wusste, dass das größere Schmerzen bedeutete. Natürlich hatte der Braunhaarige nicht den Hauch einer Ahnung, warum sein Klassenkamerad schon die ganze Woche so gereizt war, aber das Opfer der schlechten Laune war unverkennbar er. „Ich glaub, wir müssen dir mal wieder ein paar Manieren beibringen.“ Mit diesen Worten zog der Kleinere ihn hinter sich her und auch ohne hinzusehen, wusste Kazuki, dass er zu den Toiletten im Keller gebracht wurde. Dort kamen kaum andere Schüler vorbei und Lehrer schon gar nicht.

Ein paar Minuten später landete Kazuki auch wie erwartete auf dem harten Fließenboden im Vorraum der Toiletten. Sein rechter Arm schmerzte jetzt schon von der unschönen Landung und sowieso tat ihm vieles noch von gestern weh. Aber wirklich Zeit darüber nachzudenken, hatte er nicht, denn kaum hatte Kazuki sich ein wenig wieder aufgerappelt, spürte er einen Tritt in die Magengegen, fiel überrascht japsend wieder zurück auf den kalten Boden.

„Na, tut das weh? Hast du dir selbst zu zuschreiben, was kommst du uns auch immer in die Quere.“ Sono hatte sichtlich Spaß daran, ihm weh zu tun, aber das war ja nichts Neues. Kazuki konnte nur hoffen, dass er nicht zu viele Tritte und Schläge bekommen würde. Doch daraus wurde wohl nichts, denn er bekam gleich den nächsten Kick dieses Mal in den Rücken, bevor noch weitere folgten, in den Bauch, auf die Beine, wieder den Rücken, die Arme und erneut den Bauch. Sein Körper schmerzte, vor allem sein Magen zog sich krampfend zusammen und ihm wurde schon leicht schwarz vor Augen als die anderen endlich aufhörten.

„Na, weint der kleine Loser?“ Saga. Kazuki hatte seine Peiniger noch immer nicht angesehen, aber er erkannte sie an ihren Stimmen, mittlerweile erkannte er sie auch an der Art wie sie zutraten, schlugen oder ihn anpackten. Natürlich weinte er nicht, er war fraglich kurz davor, aber würde er weinen, würde das nur alles noch schlimmer machen und noch hatten sie ihm nicht so weh getan, dass er die Tränen nicht mehr zurückhalten könnte.

„Ich finde, er sieht noch ein bisschen zu glücklich aus.“ Mit einem gewaltsamen Ruck hatte Sono ihn auf die Füße gezogen und jetzt entkam dem Braunhaarigen doch ein leises Wimmern. Er hasste es an den Haaren gezogen zu werden, denn das tat wirklich weh, seine Kopfhaut brannte immer höllisch und jetzt schossen ihm auch Schmerzenstränen in die Augen. Wo er hingezogen wurde, nahm er gar nicht richtig war, sein Kopf war bloß erfüllt von dem dumpfen, brennenden Schmerz in seinen Haarwurzeln. Erst als er etwas Nasses an seinem Gesicht spürte, klärte sich Kazukis Verstand wieder und reflexartig hielt er sofort die Luft an, war aber zu langsam und schluckte Wasser. Sofort begann er unkontrolliert zu husten, schluckte noch mehr Wasser, hustete wieder. Ertrinken war das Schlimmste, es war das schlimmste Gefühl, dass Sono ihm gab und als der Wassertank endlich leergespült war und die Hand, die ihn fest in die Schüssel gedrückt hielt, endlich verschwunden, sackte er nur kraftlos und mit einer Mischung aus Japsen und Husten auf dem Toilettenboden zusammen. Er hasste es, er hasste es so sehr, aber das interessierte sie nicht und wenn sie es wüssten, würden sie es wohl noch viel öfter machen.

„Ach übrigens, dein Essensgeld krieg ich heute.“, vernahm er noch gedämpft Sonos Stimme reagierte aber gar nicht weiter darauf. Was sollte er auch dagegen tun? Hunger hatte er gerade sowieso nicht mehr.
 

Kazuki hatte noch bis zur Mitte der nächsten Stunde zusammengekauert auf dem Boden der Toilettenkabine gelegen, es war nicht mal so, dass er wirklich schlimme Schmerzen hatte, er war einfach nur fertig, er war kaputt und kraftlos und er wollte nicht mehr. Es ging einfach nicht mehr. Kazuki hatte es die letzten zwei Jahre jeden Tag ertragen, aber langsam hatte er keine Kraft mehr. Alleine um sich von ein paar vergleichsweise fast harmlosen Tritten zu erholen, denn fest zu getreten hatten die Drei heute wirklich nicht, Kazuki wusste, dass sie mehr konnten, brauchte er schon eine halbe Ewigkeit. Er war am Ende und auch wenn er sich jeden Tag aufs Neue sagte, dass es das letzte Jahr war, in solchen Momenten war er sich nicht sicher, es zu überstehen.

Mühsam hatte der Braunhaarige sich irgendwann aufgerappelt, seine Seite tat unheimlich weh und er musste nicht nachsehen, um zu wissen, dass er dort wohl schon einen riesigen blauen Fleck hatte. Seine Haare und sein Hemd waren noch immer ziemlich nass und wie sein Gesicht ansonsten aussah konnte er nicht einschätzen und wollte es auch nicht wissen. Auf jeden Fall war klar, dass er so wie er gerade aussah nicht in den Unterricht zurück konnte. Das hieß zumindest diese Stunde nicht, denn er hatte Englisch und sie eine ganz neue Lehrerin, die einfach zu viele Fragen stellte. Also schlich er sich erst mal in die Cafeteria und ließ sich entkräftet auf einen der umstehenden Stühle fallen. Eigentlich hatte er vor allem jetzt wo er hier die ganzen Nahrungsmittel sah auch ziemlichen Hunger, immerhin hatte er heute noch nichts gegessen. Da er aber auch kein Geld hatte, hatte Sono ihm ja geklaut wie immer, konnte er sich wohl nichts kaufen und musste wie so oft bis zum Abend warten, bis er nach Hause kam.

"Kazuki?", vernahm er eine ihm bekannte Stimme, die einzige Stimme hier, die ihn zu einem kleinen Lächeln brachte. Vorsichtig hob er seinen Kopf blickte auch wirklich in das besorgt dreinschauende Gesicht eines kleinen Blonden.

"Hallo, Ayame." Es war nicht direkt so, dass sie Freunde waren. Ayame war in Rukis und somit in Kazukis Parallelklasse und er war irgendwie der einzige hier, der sich manchmal um den Braunhaarigen kümmerte. Zwar würde der Blonde sicher nie dazwischen gehen, wenn Kazuki verprügelt wurde, aber das erwartete der Braunhaarige auch gar nicht. Einerseits weil er verstehen konnte, dass Ayame selbst nicht auch zum Opfer werden wollte, denn er war auch so schon nicht sonderlich beliebt und andererseits weil er so klein und zierlich war, er würde wohl in einem Kampf nicht mal eine Chance gegen eine Grundschülerin haben. Es reichte Kazuki, dass Ayame im nachher oft half seine Wunden zu versorgen oder seine Klamotten zu flicken bzw. ihn nach Hause brachte, wenn es besonders schlimm war.

"War das Sono?", fragte der andere nachdem er ihn sich genauer angesehen hatte. Leugnen das wieder etwas passiert war konnte Kazuki ja so wie er aussah sowieso nicht, also nickte er. Das es aber Sono war, war vollkommen unnötig zu fragen. Was er Ayame aber nicht übel nahm. Am Anfang fand er es seltsam, fand es sowieso komisch, dass der Blonde sich mit ihm abgab und ihm half ohne ihn überhaupt zu kennen und er hatte Ayame zu Beginn auch nicht getraut, sich der Hilfe des Kleinen meistens sogar verwehrt, weil er einfach nicht glauben konnte, dass jemand ihm nichts Böses wollte. Mit der Zeit hatte Kazuki aber gemerkt, dass Ayame einerseits wirklich helfen wollte und andererseits es vor allem wegen Sono tat. Der Kleine war bis über beide Ohren in den Schwarzhaarigen verliebt, was Kazuki nebenbei gar nicht verstand, denn wirklich nett war Sono zu Ayame auch nicht und mal davon abgesehen hasste er Schwule ganz offensichtlich. Dank dieser Schwärmerei fühlte sich der Kleinere aber wohl dazu verpflichtet Kazuki zu helfen oder wie der Braunhaarige es gerne beschrieb: Sonos Dreck wegzuräumen. Außerdem versuchte er immer wieder den Schwarzhaarigen zu rechtfertigen und zu verteidigen. Alles in allem war es Kazuki klar, dass Ayame nur aus Mitleid und aus seltsamer Zuneigung zu Sono hilfsbereit zu dem Größeren war. Aber das war okay für Kazuki. Er war Ayame dankbar für jedes Mal wenn er ihm half, egal warum er es tat. Denn in dem Blonden hatte er wenigstens einen Menschen mit dem er ab und zu mal ein paar Worte wechseln konnte, ohne gleich unsicher oder panisch zu werden.

„Du hast eine Wunde über dem Auge, lass mich das kurz sauber machen, damit es sich nicht entzündet.“ Ayame kramte schnell einen kleinen Erste-Hilfe-Kasten aus seiner Tasche und begann dann vorsichtig Kazukis Gesicht zu desinfizieren. Soweit Kazuki das wusste, hatte der Kleine extra wegen ihm solches Zeug mit in der Schule, okay warum auch sonst? Welcher normale Schüler brauchte schon Verbandsmaterial in der Schule? „So das war’s. Hast du noch irgendwelche Verletzungen, die ich behandeln soll?“

„Danke, ich…“ Der Braunhaarige wollte ihm gerade antworten, als sein Magen ihm einen Strich durch die Rechnung machte und schön laut knurrte. Na toll das hatte gerade noch gefehlt, aber er hatte ja heute noch nichts gegessen und wirklich Hunger. Aber das laute Knurren war ihm trotzdem peinlich, also senkte er nur beschämt den Blick auf den Boden und hoffte einfach, dass Ayame nicht weiter darauf eingehen würde.

„Hast du schon wieder nichts gegessen? Du musst besser auf dich aufpassen, Kazuki.“ Als er den Blick hob sah er in das lächelnde Gesicht des Kleineren, der ihm ein Bento über den Tisch schob.

„Danke, ich… Sono hat mir mein Geld geklaut.“ Irgendwie fühlte Kazuki sich so, als müsse er sich rechtfertigen. Er aß ja nicht bewusst nichts. Morgens bekam er nur nichts runter, wenn er an Schule dachte und mittags hatte er meistens kein Geld mehr. Ayame blickte nur wieder schuldbewusst auf seine Knie und schob das Essen jetzt mit mehr Nachdruck zu dem Braunhaarigen. Kazuki wusste, dass es sinnlos war abzulehnen, also nahm er das Essen. Es schmeckte wie immer ausgezeichnet, die Mutter des Kleineren musste eine gute Köchin sein. In letzter Zeit hatte Kazuki oft Ayames Bento bekommen, auch wenn es offensichtlich war, dass der Blonde dann selber den ganzen Tag nichts zu essen hatte. Dabei war er selbst wahrscheinlich viel dünner als Kazuki und hätte es nötiger genug zu essen. „Das Essen ist wirklich gut, aber du solltest auch was essen. Ich fühl mich schlecht, wenn ich immer dein ganzes Bento esse.“ Kazuki hatte knapp die Hälfte des Schulfrühstücks gegessen, schob den Rest wieder zu Ayame zurück. Er war zwar nicht wirklich richtig satt, hatte aber genug gegessen, um den Rest des Schultages zu überstehen.

„Nein, das ist schon okay. Du kannst ruhig alles essen.“ Das war gerade dasselbe Spiel wie immer, Kazuki gab dem Kleinen immer die Hälfte wieder, dieser lehnte immer ab und normalerweise ging es solange weiter, bis der Braunhaarige alles aufgegessen hatte. Aber heute wollte er nicht nachgeben, einerseits weil er sich wirklich schlecht fühlte und andererseits weil er sich ein bisschen Sorgen um Ayame machte. Auch wenn sie keine wirklichen Freunde waren, merkte er ja dass der andere weder genug wog noch genug aß, um nicht noch magerer zu werden. Wobei Kazuki ehrlich gesagt auch gerne so dünn wäre wie der andere.

„Ayame, du hilfst mir schon genug, ich will nicht, dass du wegen deiner Freundlichkeit auch noch fast jeden Tag hungern musst.“

„Aber, ich hungere…“, begann Ayame, brach aber ab und nahm stattdessen die Schüssel mit dem Essen dann doch wieder an sich. „Du brauchst dir wirklich keine Sorgen um mich machen.“

„Schon okay.“ Kazuki schenkte dem anderen ein ein bisschen missglücktes Lächeln, da sein Gesicht bei zu ausschweifender Mimik doch noch schmerzte.
 

Als Kazuki endlich den Vorhof ihres Wohnblockes betrat, war es schon dämmrig und es hatte sich unangenehm abgekühlt. Den Schultag hatte der Braunhaarige zwar ohne weitere Zwischenfälle überstanden, vor allem da Sono und Saga den Nachmittagsunterricht geschwänzt hatten und Ruki ihn nie alleine oder von sich aus attackierte. Dafür war der Heimweg umso schlimmer gewesen. Die meisten seiner heutigen Verletzungen waren zwar Prellungen, die nicht weiter weh taten und seine komplett blau-geschlagene Magengegend beschränkte sich auch darauf weh zu tun, wenn er zu ausschweifende Bewegungen vollführte. Seinen Rücken hatten sie dafür richtig erwischt, wahrscheinlich hatte er sich sogar einen Wirbel verstaucht oder ähnliches, denn seine rechte Seite, vor allem die Schulter, konnte er mittlerweile gar nicht mehr bewegen. Hoffentlich war das morgen wieder vorbei. Denn seine Peiniger würden sicher keine Rücksicht auf etwaige Verletzungen nehmen und besser werden würde es sicher auch nicht, wenn er direkt morgen wieder Schläge oder Tritte abbekäme. Eine ähnliche Verletzung hatte Kazuki erst einmal gehabt, vor ungefähr einem Jahr und daran waren die Drei noch nicht mal schuld gewesen. Er hatte sich beim Weglaufen eine Rippe gebrochen, als er auf einen Stein gefallen war und selbst da hatten Sono und die anderen ihn gerade mal eine Woche nicht weiter gemobbt. Nein, von ihnen hatte er definitiv kein Mitleid zu erwarten.

Kraftlos schleppte der Schüler sich die Treppen in den zweiten Stock nach oben, wollte gerade die Wohnungstür aufschließen, als ein lautes Poltern aus der Nachbarwohnung ihn aus seinen Gedanken riss. Was war da denn los und seit wann hatten sie Nachbarn? Bis eben war Kazuki noch der Meinung gewesen, nur sie würden auf dieser Etage wohnen und die anderen beiden Wohnungen wären leer.

Aber wirklich Zeit weiter darüber nachzudenken, hatte er nicht, denn im nächsten Moment wurde die Tür nebenan kraftvoll aufgerissen und ein junger Mann trat schreiend heraus. „So eine Scheiße, Papa, wo… oh, wer bist du denn? Ein Nachbar? Freut mich.“

„Err…“ Der Fremde hielt Kazuki eine Hand entgegen, die dieser nur fragend anstarren konnte, wobei er ehrlich gesagt auch noch ganz andere Dinge an dem anderen fand, die er gerade anstarren könnte. Eigentlich wusste Kazuki gerade nicht so genau, wo er zuerst hingucken sollte. So jemanden hatte der Braunhaarige definitiv noch nie getroffen und der wohnte jetzt ihm gegenüber. Na das konnte ja was werden.
 

tbc

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So, dann alle, die es bis hierher geschafft haben, ich hoffe es hat gefallen. Über Rückmeldungen dazu würde ich mich wie immer freuen^-^

In welchen Abständen ich hier update, weiß ich noch nicht, ne Woche wird es immer mindestens dauern... ich denke, ich mach es ein bisschen davon abhängig, wie viele Leute sich für die Geschichte interessieren^-^

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„Hallo, alles okay?“ Der Fremde stand noch immer Kazuki gegenüber, seine Hand ausgestreckt und jetzt doch mit einem etwas besorgten Gesichtsausdruck. Aber der Braunhaarige war noch viel zu sehr mit Starren beschäftigt, als das er irgendwie auf die Begrüßung des anderen reagieren konnte, geschweige denn überhaupt realisierte, dass er angesprochen worden war.

„Ha~llo~, Nachbar?“ Erst als der andere mit seiner Hand wild vor Kazukis Augen herum wedelte und diesem so die Sicht nahm, erwachte der Schüler aus seiner Starre.

„Ehm, hallo, freut mich dich kennen zu lernen, ich wohne nebenan.“, haspelte er schnell, deutete mittlerweile etwas rosa im Gesicht auf die Tür seiner Wohnung.

„Ja, das hab ich mir fast gedacht. Also ich bin Kuina, wie heißt du?“ Der Fremde war wieder dazu übergegangen ihm die Hand hinzu halten und nach einigem Zögern griff Kazuki sie auch, nur um fast augenblicklich wieder los zu lassen. Die Situation war ihm verdammt unangenehm, Kontakt zu anderen Menschen war ihm immer unangenehm, vor allem wenn es Menschen waren, die er nicht kannte und folglich auch nicht einschätzen konnte. Wer versicherte ihm schon, dass dieser Kuina nicht genauso wie Sono war? Selbst bei Ayame, der ja nun wirklich vollkommen harmlos aussah, hatte er fast zwei Monate gebraucht, bis er sich in dessen Nähe nicht mehr unwohl und bedroht gefühlt hatte. „Sonderlich gesprächig bist du ja nicht.“, kam es wieder von dem anderen, der jetzt doch einen leicht belustigten Unterton hatte. Was Kazuki nur so interpretieren konnte, dass er sich über ihn lustig machte und den Größeren so dazu veranlasste seinen Blick dann doch von dem anderen abzuwenden und stattdessen den Boden anzustarren. Er wollte jetzt nicht auch noch jemanden neben sich wohnen haben, der ihn fertig machen würde, das würde er nicht überleben. Dabei bemerkte er gar nicht wie er begonnen hatte, unsicher auf seiner Lippen herum zu kauen, den Arm, den er noch bewegen konnte, hatte er reflexartig um seinen Körper gelegt.

„Hey, ich wollte dich nicht verunsichern. Ich…“ Der Fremde klang jetzt gar nicht mehr belustigt, sondern eher ratlos, was Kazuki doch dazu veranlasste seinen Blick ein wenig zu heben, ohne den anderen dabei aber direkt anzusehen. Wenn der Kleinere mit seinen blauen Haaren und den vielen Piercings nicht so seltsam aussehen würde, hätte Kazuki es wahrscheinlich nicht mal geschafft, ihn überhaupt nur eine Sekunde direkt anzusehen. „Also auf jeden Fall, wenn du mal Lust hast, was zu machen oder zu reden, kannst einfach vorbei kommen. Ich muss jetzt auch weiter einräumen helfen. Ich hoffe, man sieht sich.“ Der Blauhaarige hob kurz seine Hand zum Abschied und war dann auch verschwunden, genauso laut nach seinem Vater rufend wie bei seinem Auftauchen.

Von dieser Begegnung sichtlich verwirrt, blieb Kazuki noch einen Moment einfach bewegungslos im Flur stehen, bevor er die Haustür aufschloss und sich ins Innere der Wohnung schleppte. Er brauchte jetzt unbedingt Ruhe, sein Rücken schmerzte so sehr, er musste sich einfach hinlegen und am besten schlafen, auf jeden Fall irgendetwas tun, bei dem er sich nicht bewegen musste.

„Kazuki, du bist ganz schön spät.“ Sonderlich weit gekommen war der Braunhaarige nicht, als er von seinem Bruder angesprochen wurde. „Ich musste die ganzen scheiß Arbeiten alleine machen. Das eins klar ist, nächste Woche bist du dran mit alleine putzen.“ Yuu drängte sich an ihm vorbei, nicht ohne den Braunhaarigen dabei anzurempeln, bevor er in seinem Zimmer verschwand. Kazuki sackte nur scharf die Luft einziehend zusammen. Sein Bruder hatte unwissentlich genau den Arm getroffen, den der Jüngere sowieso schon kaum mehr bewegen konnte. Er wusste, dass es keine Absicht war, sein Bruder würde ihm nie absichtlich weh tun. Sie hatten zwar kein sonderlich enges Verhältnis, aber sie mochten sich, sie waren eben Geschwister.

„Entschuldigung, Nii-chan.“, nuschelte er nur, wohlwissend, dass der andere es sowieso nicht mehr hören würde. Unter Schmerzen richtete der Schüler sich wieder auf, schaffte letztendlich doch noch die letzten Meter und ließ sich entkräftet auf seinem Bett nieder. Jetzt müsste er nur noch eine Position finden, in der die Schmerzen gering genug waren, um Schlaf zu finden.
 

Es war dunkel als Kazuki die Augen wieder öffnete, er musste wirklich eingeschlafen sein und offensichtlich hatte ihn jemand zu gedeckt und die Jalousien in seinem Zimmer geschlossen, denn er konnte sich weder daran erinnern, seine Decke hervorgeholt noch die Kraft gehabt zu haben, die Fenster zu verdunkeln.

Langsam kroch der Braunhaarige unter der Decke hervor, zeigte sein Wecker doch erst halb acht abends und er wollte doch wenigstens noch ein wenig Zeit mit seiner Mutter verbringen, die er heute auch noch nicht gesehen hatte. Seine rechte Seite war noch immer bewegungsunfähig, schmerzte wenn er sie still hielt aber nicht mehr so sehr und so dauerte es doch ausgesprochen lange bis er es geschafft hatte, seine Schuluniform gegen bequeme Kleidung zu wechseln.

Als er auf den Flur hinaus trat, vernahm er direkt gedämpfte Stimmen aus Richtung Küche und das verwirrte Kazuki dann doch ein wenig, wobei es ihn wohl eher verunsicherte, denn es waren neben den Stimmen seins Bruders und seiner Mutter noch fremde Stimmen darunter. Dabei bekamen sie doch eigentlich nie Besuch. Vorsichtig schlich der Braunhaarige also zur Küche, staunte dann aber doch nicht schlecht, als er den komischen Blauhaarigen von nebenan und einen älteren Mann am Tisch sitzen sah.

„Kazuki, du bist ja doch wach, komm setz dich hierher.“ Seine Mutter hatte ihn auch sofort bemerkt, sprang von ihrem Platz auf, um ihn ihm anzubieten. Sie hatten eben einfach nur vier Küchenstühle. „Hast du Hunger, mein Schatz. Ich wollte dich vorhin nicht wecken, aber das Essen ist noch warm.“

Kazuki nickte vorsichtig, setzte sich auch ohne weitere Aufforderung auf den freien Stuhl neben seinen Bruder, ohne ihre Gäste dabei aber richtig anzusehen oder überhaupt zu begrüßen. Diese Situation war ihm gerade noch sehr viel unangenehmer als seine Begegnung mit Kuina vorhin, denn hier hatte er keine Möglichkeit zu fliehen. Hunger hatte er ja wirklich und außerdem wollte er auch nicht unfreundlich sein und direkt beim Anblick der Gäste zurück in sein Zimmer gehen. Es war ja nicht so, dass er andere Menschen mied, weil er ein böser Mensch war oder keinen Kontakt wollte, sondern einfach weil er Angst hatte.

„Das sind übrigens Herr Miyawaki und sein Sohn Kuina, sie sind heute nebenan eingezogen.“, stellte seine Mutter die beiden Gäste dann vor, während sie dem Braunhaarigen, der nur ein leise genuscheltes „Hallo.“ von sich gab, einen Teller mit gut duftendem Essen vor die Nase stellte. Sie konnte ja nicht wissen, dass ihr Sohn bereits Bekanntschaft mit Kuina gemacht hatte.

„Kazuki, also. Das ist doch ein schöner Name, den hättest du mir vorhin wirklich verraten können.“ Der Blauhaarige hatte wieder den gleichen lachenden Unterton wie vorhin und Kazuki wurde es gleich noch ein Stück unwohler. Stumm wandte er seinen Blick einfach auf den Teller vor sich und hoffte einfach, dass jemand anders für ihn antworten würde, was seine Mutter auch glücklicherweise tat.

„Oh, ihr kennt euch schon?“

„Ja, wir haben uns vorhin im Flur getroffen.“, entgegnete der Kleinere gleich. Auch wenn Kazuki diesen Kuina insgesamt noch nicht einmal fünf Minuten gesehen hatte, wusste er jetzt schon, dass sein neuer Nachbar das komplette Gegenteil von ihm war und dieser Eindruck verstärkte sich nur, je länger er mit den anderen in der Küche saß. Der Blauhaarige wirkte so selbstbewusst und offen, er redete die ganze Zeit und dabei wirkte er wohl auch noch sympathisch, Kazuki konnte sowas zwar nicht einschätzen, aber sogar Yuu schien den Blauhaarigen zu mögen und sein Bruder war doch eher der arrogante Typ, der die meisten Leute mied.

„Kazuki, willst du nichts essen, das ist bestimmt schon ganz kalt.“ Erschrocken zuckte der Braunhaarige zusammen, als seine Mutter ihn plötzlich ansprach. Erst jetzt fiel ihm auf, dass das Essen ja immer noch vor ihm stand und er es noch gar nicht angerührt hatte. Nein, der Schüler hatte die letzten Minuten damit verbracht, dem Gespräch der anderen Vier zu zuhören und Kuina dabei verstohlen zu beobachten, einerseits wegen dem komischen und doch faszinierendem Äußeren des anderen und andererseits weil er nicht leugnen könnte, dass er gerne ein bisschen mehr wie der Kleinere wäre.

„Doch, ich esse das noch.“, antwortet er. Seine Stimme klang unheimlich kratzig, was aber auch kein Wunder war, denn immerhin hatte er seit seinem Gespräch mit Ayame auch fast kein Wort mehr gesprochen. Kazuki griff sich dann wirklich seine Stäbchen und begann das jetzt kalte Fleisch zu essen. Die anderen hatten ihr Gespräch wieder aufgenommen und er war dann auch ganz froh, dass die Aufmerksamkeit nicht mehr auf ihm lag, so konnte er ihn Ruhe essen. Und solange er aß, konnte er auch mit den anderen am Tisch sitzen und schweigen, ohne unhöflich zu wirken. Zum Essen brauchte der Braunhaarige dann auch unheimlich lange, weil es kalt dann doch nicht mehr so gut schmeckte. „Mama, kannst du mir noch was zu trinken geben?“

„Natürlich, Schatz… oh, das ist jetzt aber peinlich, wir haben ja gar nichts mehr da und das wo ich so großspurig eingeladen habe.“ Seine Mutter stand wirklich etwas ratlos vor den Küchenschränken. „Yuu, würdest du zum Konbini gehen und noch schnell etwas holen, bitte.“

„Ich kann auch gehen.“ Das wäre Kazuki nämlich ganz recht, zwar war es nicht so schlimm wie er befürchtet hatte mit den neuen Nachbarn an einem Tisch zu setzen, aber erst mal ein paar Minuten für sich alleine, wären ihm schon ganz lieb. Vielleicht könnte er dann auch genug Mut fassen, um auch mal ein paar Worte mit den anderen zu wechseln.

„Kann ich mitkommen? Dann weiß ich schon mal, wo hier der Konbini ist.“ Damit hatte Kazuki jetzt wirklich nicht gerechnet und da Kuina in dem Moment, in dem er die Frage gestellt hatte, auch schon aufgestanden war, konnte der Braunhaarige gar nicht ablehnen. Wobei er sich ehrlicherweise ja sowieso nicht getraut hätte und so verließ Kazuki zusammen mit dem Blauhaarigen die Wohnung.

„Du bist wirklich nicht sehr gesprächig oder redest du nur mit mir nicht.“, begann Kuina auch direkt ein Gespräch, kaum hatten sie das Haus verlassen, Kazuki fühlte sich aber immer noch nicht in der Lage mit dem Älteren zu reden und so lief er nur still schweigend neben dem anderen her. Dabei würde er sich eigentlich irgendwie gerne mit Kuina unterhalten, denn auch wenn er den anderen überhaupt nicht einordnen konnte und deswegen vorsichtshalber immer erst mal davon ausging, dass er ihm böse gesinnt war, hatte er ganz tief drin trotzdem das Gefühl, dass der Kleinere ein guter Mensch war.

„Mach ich dir irgendwie Angst?“, war die nächste Frage des Blauhaarigen und dieses Mal zwang Kazuki sich, wenigstens ein bisschen in Kuinas Richtung zu sehen und zu nicken. „Hm, ja kenn ich schon. Wobei es normalerweise immer eher alte Leute oder Kinder sind, die mich unheimlich finden.“ Der Kleinere lachte wieder und sorgte somit dafür, dass Kazuki sich beschämt wieder abwandte, wieder den Boden vor sich anstarrte. Er wusste auch ohne dass es ihm andauernd vorgehalten wurde, dass er ein feiger Psycho war.

„Sag mal, kann es sein, dass du denkst, ich würde dich auslachen?“ Diese Frage überraschte Kazuki dann doch, nicht weil es Kuina aufgefallen war, sondern weil dieser überhaupt nicht mehr belustigt klang, sondern so wie Ayame immer klang, wenn Sono Kazuki wieder besonders übel mitgespielt hatte: er klang schuldbewusst. Und das führte dann doch dazu, dass Kazuki es schaffte sich zu überwinden, doch etwas zu sagen. Eben weil der andere jetzt gar nicht mehr so wirkte, als wölle er ihn in irgendeiner Weise fertig machen.

„Ja, schon ein bisschen.“

„Tut mir leid, das wollte ich wirklich nicht.“ Der Blauhaarige kratzte sich verlegen am Hinterkopf und die Entschuldigung wirkte so ehrlich, dass Kazuki augenblicklich ein wenig seiner Angst und seines Unwohlseins verlor. „Ich kenne wenige so schüchterne Typen wie dich, eigentlich gar keine, deswegen hab ich mir gar keine Gedanken gemacht, dass du das vielleicht falsch verstehst. Ich wollte mich auf jeden Fall nie über dich lustig machen, ich meine, dazu hätte ich gar keinen Grund. Ich dachte mir einfach nur, hey wir sind gleichalt, wohnen nebeneinander und du siehst doch nett aus, wieso sollten wir es nicht mit anfreunden versuchen.“

Kazuki nickte nur vorsichtig auf die Worte des anderen. Alleine das jemand sich mit ihm anfreunden wollte, kam ihm schon unheimlich absurd vor und dass der andere dann auch noch so offen war, obwohl sie sich gar nicht kannte, war nur noch verwirrender. „Da vorne ist der Konbini.“, war das nächste, was Kazuki zu sagen hatte. Auf Kuinas Worte konnte er nicht weiter eingehen, er wusste einfach nicht, was er dazu sagen sollte.

„Ah okay, ist ja wirklich nicht weit.“ Die beiden betraten den kleinen Laden, wo sie auch direkt von dem älteren Verkäufer begrüßt wurden, der einer der wenigen war, die es immer schafften, Kazuki zum Lächeln zu bringen, egal wie hart sein Tag gewesen war. Aber der Mann arbeitete auch schon dort solange Kazuki sich erinnern konnte, er war schon immer bei ihm einkaufen gegangen und als er noch ein Kind war, hatte er auch jedes Mal Schokolade oder Bonbons geschenkt bekommen.

„Schön, dass du mal wieder da bist Kazuki, wie geht’s dir? Wie ich sehe, hast du mal einen Freund mitgebracht.“

„Danke, gut und ihnen, hat sich ihre Hand von dem Unfall erholt? Ehm, das ist mein neuer Nachbar Kuina, meine Mutter hat ihn und seinen Vater zum Essen eingeladen, aber vergessen Getränke zu kaufen.“, antwortete der Braunhaarige, während er die ausgesuchten Flaschen auf den Verkaufstresen stellte.

„Ja, danke es ist alles wieder bestens. Grüß deine Mutter schön von mir.“

Es hatte nicht lange gedauert, einzukaufen und so befanden Kuina und Kazuki sich relativ schnell wieder auf dem Heimweg. „Weißt du, Kazuki, ich hatte vollkommen recht, du bist nett. Du bist nur einfach total schüchtern, aber gegenüber Leuten die du kennst, bist du sehr freundlich. Ich bin mir sicher, wir werden uns super verstehen, du musst nur ein bisschen aus dir rauskommen, aber ich denke, wenn wir öfter was zusammen machen, wird das schon.“

So wie der Blauhaarige das sagte, hörte es sich an, als wäre es das einfachste der Welt. Aber wahrscheinlich hatte so jemand wie Kuina wirklich keine Ahnung, wie schwer es für jemanden wie Kazuki war, sich anderen zu öffnen. Dabei wünschte der Braunhaarige sich gerade nichts mehr, als das sein neuer Nachbar recht behielt. Kazuki hätte gerne mal einen Freund, obwohl er bis heute immer sicher gewesen war, dass es nichts an ihm gab, was es wert wäre, sich deswegen mit ihm anzufreunden.

„Sag mal, Kazuki deine Schulter, ist damit alles in Ordnung, du läufst schon die ganze Zeit so komisch.“, wechselte der Blauhaarige nach einigen Minuten des Schweigens das Thema und irgendwie fühlte der Größere sich jetzt unheimlich ertappt. Klar er kam oft verletzt nach Hause und viele seiner Verletzungen waren auch für jedermann gut sichtbar, trotzdem hatten ihn weder seine Mutter noch sein Bruder je darauf angesprochen. Natürlich war er mittlerweile gut im verstecken und überschminken von blauen Flecken, aber vor allem Yuu musste es doch aufgefallen sein, dass er regelmäßig von der Schule kam und humpelte oder gekrümmt lief. Trotzdem hatte der Ältere nie etwas gesagt und ehrlich gesagt, wollte Kazuki auch nicht darüber reden. Er wollte einfach verdrängen, was ihm in der Schule passierte, es irgendwem zu erzählen, würde im Endeffekt ja auch nicht helfen. Schon gar nicht, wenn er es einem völlig Fremden erzählte. Außerdem wollte er nicht, dass Kuina ihn für ein Opfer hielt, denn dann würde er sich garantiert nicht mit ihm anfreunden wollen. „Also ich kann die Tüten tragen, weil du siehst wirklich so aus, als ob du die Seite kaum bewegen könntest.“

„Err… ja… danke.“, stotterte der Jüngere, reichte dem anderen die doch etwas schweren Tüten, wusste aber immer noch nicht, wie er auf die Frage reagieren sollte. „Ich bin am Bahnhof eine rutschige Treppe runtergefallen.“, fügte er dann noch leise an, eine bessere Ausrede war ihm gerade nicht eingefallen und zu schweigen hätte er selbst noch verdächtiger gefunden.

„Ah, sowas passiert mir dauernd, ich bin der König der blauen Flecken.“ Der Blauhaarige lachte wieder und dieses Mal musste Kazuki sogar auch leicht lächeln, denn dieses Mal glaubte er irgendwie, dass Kuina sich nicht über ihn lustig machte, es wirkte ja eher so, als mache er sich über sich selbst lustig.
 

„Wir sind wieder da.“ Keine zehn Minuten später betraten die Zwei wieder die Wohnung von Kazukis Familie, wurden auch direkt von seiner Mutter empfangen, die ihnen die gekauften Getränke dankbar abnahm. Yuu und Kuinas Vater saßen immer noch in der Küche und unterhielten sich angeregt über Sport.

„Mein Vater ist voll der Sportnerd, musst du wissen.“, kommentierte Kuina die Szene lächelnd, während sie sich Schuhe und Jacken im Flur auszogen. „Er ist glaube ich immer noch nicht darüber hinweg, dass ich mich als Kind dafür entschieden habe lieber Gitarre als Fußball zu spielen.“

Kazuki blickte den Blauhaarigen überrascht an, dann spielte Kuina also auch Gitarre. Aber irgendwie sah der andere ja auch aus wie ein richtiger Rockstar, ein bisschen so wie die Männer auf den Postern, die früher in Yuus Zimmer gehangen hatten. Ganz im Gegensatz zu Kazuki. Dabei spielte der Größere auch Gitarre, schon seit neun Jahren, aber er war nicht gut. Das hieß er wusste nicht, ob er gut war, denn er hatte noch nie jemandem vorgespielt, der etwas davon verstand. Aber er ging einfach davon aus, dass er es nicht war. Wieso sollte er auch in etwas gut sein, das war unrealistisch?

„Kazuki? Hey Kazuki, alles okay?“ Die Stimme des anderen holte ihn zurück, er war schon wieder viel zu sehr abgeschweift, so dass er nicht bemerkt hatte, dass er sogar aufgehört hatte seine Schuhe auszuziehen. Damit fing er jetzt hastig wieder an, nickte nebenbei als Antwort an Kuina. „Du bist so oft in Gedanken, weißt du, darüber reden kann manchmal helfen und wenn du willst, ich bin da.“ Mit diesen Worten und einem breiten Lächeln, das Kazuki aus den Augenwinkeln erkennen konnte, verschwand der Ältere in der Küche.

„Danke.“, nuschelte Kazuki als der andere schon weg war. Dabei hätte er gerne, dass Kuina es gehört hätte, auch wenn er doch absichtlich genau abgewartet hatte bis der Kleinere außer Hörweite war. Aber er war dem anderen wirklich dankbar, dass er sich so eine Mühe mit ihm gab, auch wenn er sicher war, dass der Blauhaarige die Idee, sie könnten Freunde werden, in ein paar Tagen bestimmt verworfen hatte. Dabei hätte der Schüler gerne mal einen richtigen Freund. Jemanden, dem er auch vertrauen konnte.
 

Ihre neuen Nachbarn waren noch eine weitere Stunde geblieben und Kazuki hatte wirklich die ganze Zeit bei den anderen in der Küche gesessen. Zwar hatte er sich kaum überwinden können, irgendetwas zu sagen, da ihm die Anwesenheit der Fremden immer noch unangenehm war, aber mittlerweile war er auch irgendwie ein bisschen fasziniert von Kuina, so dass er das Bedürfnis hatte, noch mehr über den Blauhaarigen zu erfahren. Und je mehr das geschah, desto sicherer war Kazuki sich, dass der andere eigentlich genauso war, wie der Braunhaarige gerne wäre. So wie er es sich früher immer vorgestellt hatte, wie er als junger Erwachsener wäre, so wie er aber nie sein würde.

Mittlerweile waren sie aber gegangen und der Braunhaarige lag jetzt alleine auf seinem Bett und starrte einen kleinen Zettel an, denn er in seiner rechten Hand hielt. Kuina hatte ihm seine Telefonnummer gegeben, damit er sich melden konnte, wenn er etwas unternehmen wollte und jetzt dachte er schon die ganze Zeit darüber nach, den anderen wirklich zu bitten, etwas mit ihm zu machen. Kazuki würde gerne mal mit jemandem in seinem Alter etwas unternehmen, aber er würde sich doch sowieso nicht trauen anzurufen. Denn im Moment hatte er immer noch Zweifel, ob der Blauhaarige nicht doch böses vorhatte. Aber wenn er nicht den Mut aufbringen würde, den anderen zu kontaktieren, dann würde er es nie erfahren. Wenn er nicht irgendwann mal den Mut aufbringen würde, mit anderen Menschen zu reden, sich ihnen zu nähern und zu öffnen, würde er nie Freunde finden und vielleicht sollte er die Chance bei Kuina nutzen, denn oft bekam er solche Chancen nicht von anderen Menschen.

‚Ich würde gerne mal was mit dir zusammen machen‘ Woher er am Ende den Mut genommen hatte, Kuina wirklich diese paar Worte zu schreiben, wusste Kazuki nicht, aber er war stolz auf sich, dass er es getan hatte.
 

tbc

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So, ich hab so viele nette Kommentare bekommen, deswegen geht es heute auch schon weiter^-^
 

@Albus-Severus-Potter: Dankeschön^-^ Und ja Kuina ist nebenan eingezogen

@Lucel: Dankeschön^-^ Ja die haben alle nicht so das beste LebenxD aber mal sehen was Kuina verändert^-^ (ehm, Saga ist doch auch 18...)

@-Uruha-: Tut mir leid, dich jetzt enttäuschen zu müssen, aber es ist nicht Jin sondern Kuina geworden, aber Jin kommt auch noch vor^-^

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-3-
 

Kazuki hatte gestern Abend noch sicher eine halbe Stunde wach gelegen und in seiner momentanen Euphorie auf eine Antwort Kuinas gewartet, es war aber keine mehr gekommen und daher hatte sich in dem Braunhaarigen wieder nur Unsicherheit breit gemacht und das Hochgefühl verdrängt. Es war aber auch dumm von ihm gewesen, dass er wirklich einen Moment geglaubt hatte, dass er sich mit dem Blauhaarigen würde anfreunden können. Wobei er es ja nicht wirklich geglaubt hatte, er hatte es eher gehofft.

„Hey, Kazu, kannst du Mom sagen, dass ich heute bei Ryouta penne, wenn sie heute Abend heimkommt?“, riss ihn Yuus Stimme aus seinen Gedanken. Sein Bruder war nur kurz in die Küche gekommen, hatte sich einen Apfel gegriffen und war jetzt schon wieder verschwunden, bevor Kazuki überhaupt hatte antworten können. Manchmal wünschte er sich, dass der Schwarzhaarige sich ein wenig mehr Zeit für ihn nehmen würde. Sie verließen das Haus ja ungefähr zur gleichen Zeit, dann könnten sie doch eigentlich auch zusammen frühstücken. Außer seinem Bruder und seiner Mutter und vielleicht noch Ayame hatte er doch niemanden wirklich zum Reden und trotz allem war Kazuki doch auch nur ein Mensch und brauchte es manchmal, mit anderen zu sprechen.

Der Schüler blieb noch ein paar Minuten am Küchentisch sitzen, bevor er seine Schultasche holte und als letzter ebenfalls die Wohnung verließ, um sich auf den Schulweg zu machen. Wozu er auch heute wieder keine Lust hatte. Er wollte nicht in die Schule, er wollte Sono nicht begegnen. Es würde schrecklich werden wie jeden Tag und Kazuki fühlte sich auch schrecklich wie jeden Tag. Dabei war es Freitag und früher war er freitags immer weniger ängstlich, depressiv oder was auch immer zur Schule gegangen, immerhin hätte er ab morgen erst mal zwei Tage Ruhe. Aber mittlerweile munterten ihn auch die zwei ruhigen Tage nicht mehr auf, sie änderten ja nichts daran, dass es montags wieder genauso weiter gehen würde wie in der Vorwoche.

Als Kazuki heute das Schulgebäude betrat, hatte die erste Stunde schon begonnen, er war so langsam hierher gelaufen, dass er wirklich fünf Minuten zu spät ankam. Aber das war gut, das war besser als zu früh zu kommen. Zwar würde er sicher gleich Ärger von seiner Japanischlehrerin bekommen, aber das war weniger schlimm, als wenn Sono der erste Mensch gewesen wäre, mit dem er heute Morgen aneinander geriet. Aber so blieb es dabei, dass der Schwarzhaarige ihn herablassend angrinste, während Kazuki mit gesenktem Kopf an seinen Platz schlich, sich setzte und versuchte den Rest des Unterrichts nicht aufzufallen. Einfach da sitzen und sich im Idealfall auch so wenig wie möglich bewegen, denn seine Seite tat zwar kaum noch weh, zu ausschweifende Bewegungen waren aber immer noch nicht möglich. Er hatte so auch schon fast die komplette Zeit bis zur ersten Pause überstanden, als etwas passierte mit dem er gar nicht gerechnet hatte: Das Handy in seiner Hosentasche vibrierte! Seine Mutter oder sein Bruder waren die einzigen, die seine Nummer hatten und sie wussten, dass er in der Schule war. Das bedeutete dann wohl, dass etwas passiert war, sonst würden sie ihn doch jetzt nicht stören. Hastig kramte Kazuki sein Handy aus der Tasche, zitterte unweigerlich ein wenig, denn er hatte jetzt wirklich Angst bekommen. Diese wich aber recht schnell Erstaunen, als er auf sein Display blickte und dort nicht ‚Mama‘ oder ‚Yuu‘ stand sondern ‚Kuina‘. Der Ältere hatte ihm wirklich zurückgeschrieben und das ließ den Braunhaarigen unweigerlich verhalten lächeln, auch wenn er die Mail noch nicht einmal geöffnet hatte.

‚Hey, Kazuki. Find ich super, lass uns morgen einfach mittags oder so losgehen, nach Ikebukuro oder Shibuya fahren, da finden wir bestimmt was‘, hatte der andere geschrieben und jetzt wurde Kazukis Lächeln dann doch ein Stückchen sicherer. Der Blauhaarige hatte sein Versprechen gehalten, er hatte doch noch geantwortet und er schien sich noch immer mit ihm anfreunden zu wollen. Jetzt müsste Kazuki es nur noch schaffen, sich irgendwie normal dem anderen gegenüber zu verhalten. Und das war das größte Problem, denn er hatte zwar nicht mehr direkt Angst vor Kuina, aber wirklich vertrauen konnte er dem anderen auch nicht. Er konnte einfach die leise Stimme in seinem Hinterkopf nicht abstellen, die ihn warnte vorsichtig zu sein, denn zwar war der Ältere nett zu ihm gewesen, aber er konnte ja immer noch Böses wollen. Dabei wollte er dem anderen doch vertrauen, er wollte gerne mal einem anderen vorurteilsfrei begegnen und sich einfach auf Gespräche einlassen können, deswegen würde er trotz seiner Unsicherheit morgen mit Kuina weggehen und er wusste zwar noch nicht woher er bis morgen den Mut finden würde, aber er würde es schaffen sich mit dem anderen zu unterhalten. Das nahm er sich fest vor. Und auch wenn er schon jetzt wusste, dass es nicht so perfekt klappen würde, wie er es sich erhoffte oder es gerade plante, hoffte er doch einfach, dass sein neuer Nachbar weiterhin eine solche Geduld mit ihm beweisen würde, wie er es gestern getan hatte.

„Na, was grinst du dein Handy so an, Schwuchtel.“ Sonos eisige Stimme riss den Braunhaarigen augenblicklich aus seinen angenehmen Gedanken und auch wenn er gerade noch gelächelt hatte, war dieses Lächeln jetzt doch wieder nur angstgeweiteten Augen gewichen, die wie erstarrt verfolgten, wie Sono ihm sein Handy aus der Hand nahm und Kuinas Nachricht laut vorlas.

„Soso, Kuina, na ist das dein Lover? Oder bist du doch kein Einzelgänger und hast ein paar Freunde?“ Der Schwarzhaarige klang so abfällig und irgendwie machte das Kazuki nur wieder bewusst, dass er schon wieder nur am Träumen gewesen war, mit Realität hatte seine Hoffnung auf Kuina wenig zu tun. Sono vermittelte ihm mit seinem Ton genau das, was er eigentlich wissen müsste, wie abwegig war es, dass sich jemand mit ihm anfreunden wollte. Also sagte er nichts, er wandte seinen Blick nur beschämt von den anderen, die um seinen Tisch standen und machte sich darauf gefasst, was jetzt kommen würde. So dumm wie er war, hatte er sich nicht nur in seine Träumerei geflüchtet, er hatte auch noch vergessen darauf zu achten, wann Pause war. Jetzt saß er hier, Sono und Saga neben seinem Tisch und der Rest seiner Mitschüler schon fast komplett verschwunden, und war seinen Peinigern ausgeliefert.

„Mal sehen, was machen wir denn heute mit dir?“ Sono schnippte ihm kurz gegen das Ohr, okay, das tat weh, aber im Vergleich zu dem, was er sonst ertrug, war es schon fast angenehm. „Also erst mal hab ich nichts zu essen dabei, aber ziemlich Hunger.“

Dieses Mal reagierte Kazuki schnell, holte seine Tasche und kramte darin herum. Er würde Sono sein Essen geben und sein Geld. Es klang dämlich, dass er das freiwillig tat, aber die anderen würden es ihm sowieso abnehmen, es würde nur mehr oder weniger schmerzhaft werden und es Sono zu geben, wäre sicher die weniger schmerzhafte Variante.

„Aja, dann lass mal sehen, was du heute dabei hast.“ Sono riss ihm die Bento-Box aus seinen Händen, betrachtete den Inhalt einen Moment bevor er begann zu lächeln. „Ich mag Inari.“ Und das wusste Kazuki, deswegen machte er sie sooft er dazu Zeit hatte und nahm sie mit in die Schule, denn meistens stellte das Sono zumindest soweit zufrieden, dass er ihn nicht zu schlimm schlug. „Hmm, 500Yen, naja sonderlich viel kann ich davon ja nicht kaufen.“

„Der hat sicher noch mehr.“, knurrte Saga nur und Kazuki zog wie automatisch die Schultern nach oben und duckte sich leicht weg in Erwartung, dass der andere ihn gleich schlagen würde.

„Saga, lass ihn. Ich glaube nicht, dass er mehr hat, er hat immer nur so viel dabei.“ Kazuki hatte gar nicht gemerkt, dass Ruki mittlerweile ebenfalls hier war und dass der Kleinere ihn doch gerade irgendwie verteidigte, überraschte den Brauhaarigen doch noch mehr.

„Ruki hat recht. Lasst uns einfach gehen, ich hab Hunger.“ Und mit diesen Worten war Sono verschwunden, natürlich nicht ohne Kazuki vorher noch einmal etwas von dem Tee, den er in einer Flasche in seiner Hand hielt, über den Kopf zu kippen. Aber das war okay, es roch nicht gerade gut und klebte etwas, aber es tat nicht weh und es war auch nicht so schlimm, dass der Braunhaarige sich wirklich gedemütigt vorkam.
 

Den Rest des Tages hatte Kazuki außer ein paar Papierkugeln und Stiften auch nichts mehr abbekommen, aber verletzt hatten ihn die anderen trotzdem, wahrscheinlich ohne es zu merken. Einfach in dem sie ihm vorgehalten hatten, wie dumm es war, zu glauben, er könnte Freunde finden, jemand könnte ihn mögen. Was hatte er schon? Nichts.

Niedergeschlagen trottete der Braunhaarige auf ihr Wohnhaus zu, hoffte innerlich, dass seine Mutter schon zu Hause war, denn er könnte jetzt ein paar warme Worte gebrauchen. Von seinem Bruder würde er die nicht bekommen, aber soweit er sich richtig an heute Morgen erinnerte, hatte Yuu sowieso nicht vor, heute heim zu kommen. Kazuki mochte seine Mutter, natürlich mochte er seinen Bruder auch, aber nicht so sehr wie seine Mutter. Die Frau war schon immer die einzige gewesen bei der Kazuki wirklich das Gefühl hatte, geliebt zu werden, so wie er war und auch wenn er nicht verstand, wieso sie ihn liebte, hatte er doch trotzdem immer das Gefühl, sie habe einen guten Grund dafür. Und das es noch einen anderen gab als den Einfachen, dass er ihr Sohn war. Vielleicht hatte der Schüler auch genau deswegen trotz all seiner Enttäuschungen und trotz aller Selbstzweifeln doch immer wieder die Hoffnung, dass er irgendwann noch andere Menschen traf, die ihn wirklich liebten, mit denen er befreundet sein könnte.

„Kazuki, hey Kazuki, warte auf mich.“, riss ihn eine laut schreiende Stimme hinter sich aus seinen Gedanken und der Braunhaarige brauchte sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es Kuina war. Auch wenn er immer noch Sonos Worte in den Ohren hatte, blieb er stehen und wartete auf den anderen, drehte sich sogar um. Eigentlich wollte er den Blauhaarigen auch freundlich anlächeln, aber das schaffte er dann doch nicht. „Und wie war die Schule?“, fragte Kuina auch direkt, kaum kam er wild schnaubend neben Kazuki zum Stehen.

„Okay.“, war alles, was der Braunhaarige hervor brachte, wandte seinen Blick dabei wie immer zu Boden. So sehr er es auch wollte, es war ihm einfach nicht möglich, denn anderen wirklich anzusehen, er war ja schon ganz stolz auf sich, dass er seine Frage beantwortet hatte.

„Freut mich zu hören. Also mit Morgen geht noch alles klar? Du hast meine Mail doch bekommen oder?“ Darauf kam nur ein Nicken und ein leises zustimmendes Gemurmel von Kazuki, aber damit schien Kuina auch vollkommen zufrieden, denn der Schüler konnte das breite Grinsen seines Nachbarn sehen. Denn ansehen konnte er den anderen zwar nicht direkt, aber verkneifen zu ihm herüber zu linsen, während sie nebeneinander zum Haus liefen, konnte er sich auch nicht. Das Aussehen des anderen faszinierte ihn ja schon auf gewisse Weise.

„Also ich würde sagen, ich hole dich morgen so gegen zwölf ab, dann haben wir ja genug Zeit und wenn wir noch irgendwas Cooles finden, was abends so läuft, könnten wir dann ja noch spontan hingehen.“, fügte der Blauhaarige noch hinzu, als sie unterdessen schon fast vor Kazukis Wohnungstür angekommen waren.

„Ja okay, bis morgen.“, entgegnete dieser zum Abschied, hatte jetzt sogar gar keine Überwindung gebraucht, diese Worte zu sagen, bevor er die Tür aufschloss und die Wohnung betrat. „Ich freu mich.“ Das hätte er gerne auch noch laut gesagt, aber es war ihm wieder erst über die Lippen gekommen, als er bereits hinter der verschlossenen Wohnungstür stand. Aber er freute sich wirklich auf morgen. Zumindest ein Teil von ihm freute sich, der ängstliche, scheue Sozialphobiker in ihm war schon wieder kurz vorm Durchdrehen gewesen, bzw. er hatte sich schon wieder verkriechen wollen, als Kuina davon gesprochen hatte, auf irgendwelche Abendveranstaltungen zu gehen. Er ging nie abends weg, er war nur einmal beim Konzert seiner Lieblingsband gewesen, zusammen mit Yuu und da waren ihm viel zu viele andere Leute, es war zu eng und irgendwie waren die Leute zwar nicht aufdringlich, aber wenn man es hasste, von Fremden angesprochen zu werden, dann war ein Konzert ein denkbar schlechter Ort, sich aufzuhalten. Aber bis morgen würde er das im Griff haben, er würde seine Chance bei Kuina nutzen.
 

Am Samstag war Kazuki bereits um sechs wach gewesen, hatte vor lauter Anspannung einfach nicht mehr schlafen können. Mittlerweile war es kurz vor zwölf und der Braunhaarige saß bereits seit einer Stunde fertig angezogen in seinem Zimmer und wartete. Seine Nervosität stieg dabei nur von Minute zu Minute. Alleine etwas zum Anziehen zu finden, hatte den Braunhaarigen endlos viele Nerven gekostet. Er hatte eben keine Ahnung wie man sich anzog, wenn man mit einem ‚Freund‘ wegging und vielleicht sogar plante zu irgendwelchen Parties oder was auch immer zu gehen, zumindest war das, woran Kazuki dachte, bei Kuinas Worten ‚was abends so läuft‘.

Er hatte sich dann einfach für Klamotten entschieden, die Yuu ihm letztens geschenkt hatte, damit er Kazuki mit zur Party eines Freundes nehmen könnte. Nutzlos zu sagen, dass der Braunhaarige nicht mitgekommen war und auch die Sachen noch nie getragen hatte. Aber für heute waren sie ihm ganz passend vorgekommen. Sie waren nicht zu langweilig, glaubte er, aber auch nicht so auffällig, dass er sich darin unwohl fühlte. Die lange Jeans, die er trug, hatte zwar nicht gerade wenige Risse über seine kompletten Oberschenkel verteilt, aber dadurch dass sie schwarz war, ging das in Ordnung, zu Kazukis Erstaunen ließ sie seine Beine sogar unheimlich schmal wirken und das gefiel ihm. Sein Shirt war hellgrau und hatte einen runden, leichte Falten werfenden Ausschnitt, der zwar sein Schlüsselbein und einen Teil seiner Schultern freilegte, aber dann doch genügend Haut verdeckte, sodass er sich nicht nackt vorkam. Eines musste er seinem Bruder lassen, er hatte Geschmack bzw. er konnte gut einschätzen, was dem Jüngeren gefiel. Denn wohlfühlen tat er sich in den Klamotten, auch wenn er das am Anfang bezweifelt hatte.

„Kazuki. Kuina ist da.“ Der Schüler hatte gar nicht gemerkt, wie seine Mutter das Zimmer betreten hatte, blickte jetzt aber zu der Frau, die lächelnd im Türrahmen stand. Es war fast unwirklich wie sehr seine Mutter sich darüber gefreut hatte, als er ihr gestern von seiner Verabredung mit Kuina erzählt hatte. Vielleicht war es aber doch verständlich, denn sicher wünschte sich doch jede Mutter für ihr Kind, dass es Freunde hatte. „Ich wünsch euch viel Spaß und du kannst ruhig solange wegbleiben, wie du möchtest.“, gab sie Kazuki noch mit auf den Weg, während der Braunhaarige schon in den Flur geeilt war, wo ihn ein grinsender Kuina begrüßte.

„Hallo.“, entgegnete er seinerseits, schnappte sich noch seine Jacke, wusste er doch nicht, wie kalt es draußen war, bevor er sich von seiner Mutter verabschiedete und mit Kuina das Haus verließ.

„Lass uns nach Shibuya fahren, okay? Ich wollte schon lange wieder mal ins ‚109 Men‘s‘, ich brauch unbedingt neue Sachen für den Frühsommer.“, plapperte der Blauhaarige fröhlich drauf los, kaum hatten sie die Straße betreten.

„Dann fahren wir am besten vorne am Bahnhof mit der Yamanote, das geht am Unkompliziertesten.“ Kazuki war richtig stolz auf sich, dass er eine solange Antwort zu Stande gebracht hatte, aber er hatte ja immer noch den gleichen Vorsatz wie gestern Abend: Allen Mut zusammen zu kratzen, um einen schönen Tag mit Kuina zu haben.

„Okay, ich vertrau da ganz auf dein Wort, ich hab nämlich keine Ahnung.“, entgegnete der Blauhaarige, lachte dabei wie immer und langsam begann Kazuki dieses Lachen zu mögen. Er fühlte sich davon nicht mehr verspottet, es nahm ihm eher ein bisschen die Anspannung.
 

Mit Kuina shoppen zu gehen, stellte sich dann als erschreckend unbeängstigend heraus. Hauptsächlich weil der Ältere fast pausenlos irgendetwas zu erzählen hatte, sodass Kazukis Gesprächsanteil sich zu dessen Freude auf einsilbige Antworten, Nicken und kurze Hauptsätze oder Schlagwörter beschränkte. Die meisten Leute würden diese Eigenschaft sicher wahnsinnig ätzend finden, Kazuki jedoch war regelrecht begeistert. Kuina wusste einfach alles zu kommentieren von den anderen Leuten in der Bahn, über seine ersten Tage nach dem Umzug bis zu den Klamotten, die er gerade anprobierte, sodass für Kazuki erst gar nicht die peinliche Situation aufkam, sich ein Gesprächsthema überlegen oder etwas über sich selbst erzählen zu müssen. So hatte er übrigens seinen Vorsatz bis jetzt ganz gut halten können und der Tag war auch wirklich schön. Nur ob der Ältere das auch so sah, da war der Braunhaarige sich nicht so sicher. Immerhin trug er ja nicht gerade irgendetwas dazu bei, dass der andere sich amüsierte, zumindest glaubte er, dass dem so wäre.

„Was hälst du von dem Oberteil, also ich glaube, das ist immer noch zu groß.“, riss ihn Kuinas fragende Stimme aus seinen Gedanken. Sie waren mittlerweile im obersten Stock des ‚109 Men‘s‘ angekommen, in einem Store namens ‚Midas‘, den Kazuki natürlich nicht kannte, aber er war ja auch erst einmal hier gewesen. Kuina hatte sich wie in fast jedem Shop begeistert auf die Klamotten gestürzt, schon wieder tausende Teile zum Probieren rausgesucht. Dabei war der Blauhaarige mit seinen bereist sechs Tüten nicht gerade wenig beladen.

„Ich finde es hübsch.“ Das war momentan mehr oder weniger Kazukis Standardsatz. Einerseits weil der Ältere mit seiner wahnsinnig schlanken Figur wirklich in fast allem gut aussah und andererseits weil Kazuki doch gar keine Ahnung von Mode hatte, wie sollte er da Outfits beurteilen. „Aber vielleicht ein bisschen groß.“ Kuina war wirklich verdammt schlank und ein bisschen beneidete Kazuki ihn darum. Aber selbst wenn er eine so hübsche Figur hätte, wären immer noch sein Gesicht und sein schrecklich ängstlicher Charakter übrig. Es würde ihn so oder so doch niemand mögen.

„Warum probierst du das Teil nicht mal an, ich wette es würde dir super stehen.“

„Was ich?“ Kazuki hatte bis jetzt noch gar nichts probiert, einfach weil er sicher war, die Sachen würden an ihm nicht gut aussehen und selbst wenn, er wüsste sowieso nicht wohin er solche Klamotten anziehen sollte.

„Ja, komm. Nur das eine.“

Kazuki hatte sich dann wirklich dazu breit schlagen lassen, das Oberteil anzuprobieren, wie es im Endeffekt dazu gekommen war, dass er jetzt noch zehn weitere Teile am Testen war, wusste er auch nicht so genau. Kuina hatte ihm die Sachen einfach in die Hand gedrückt und der Braunhaarige konnte nicht protestieren, hätte er sich auch nicht getraut. Außerdem schien der andere ganz begeistert davon, für Kazuki Klamotten rauszusuchen und diesen Spaß wollte er ihm nicht nehmen. Kazuki war ja froh, dass der Blauhaarige auch mal Spaß an ihrem Ausflug hatte.

Das erste Oberteil hatte dann erstaunlicherweise gar nicht so schlecht an ihm ausgesehen, natürlich maximal halb so gut wie an Kuina, aber bei dem meisten anderen, was der Ältere ihm geholt hatte, war er sich doch nicht sicher. „Ich weiß nicht, Kuina, ich finde ich seh…“

„Heiß“

„Was?“ Kazuki spürte richtig wie sein Gesicht sofort ganz heiß und wahrscheinlich knallrot geworden war, als er die Worte des anderen vernahm. Okay, er musste sich beruhigen, Kuina hatte das sicher nicht so gemeint.

„Naja, ich sagte, ich finde, dass du heiß darin aussiehst.“ Okay, er hatte sich doch nicht verhört, aber sowas konnte der andere doch nicht sagen und er konnte es unmöglich meinen. Kazuki konnte in diesem Moment gar nicht anders als seinen Blick unsicher zu Boden wenden, das war ihm so verdammt unangenehm und er wusste nicht, was er jetzt sagen sollte. „Wirklich, Kazuki, guck mal in den Spiegel, du siehst verdammt gut aus.“ Kazuki konnte immer noch nicht aufblicken und er brauchte es auch nicht. Er hatte sich doch eben schon gesehen und er sah nicht gut aus, er war nicht wirklich hübsch, das wusste er und daran würden auch die Klamotten nichts ändern, sie würden nur unnötig dafür sorgen, dass er mehr auffiel. Außerdem waren vor allem die Kleider, die er gerade trug wahnsinnig eng und da er eben nicht so eine Figur hatte wie Kuina, sah das sicher scheiße aus. „Hm, aber wenn du dich nicht wohl darin fühlst, dann sind es vielleicht doch nicht die richtigen. Ich bleib dabei, die Sachen stehen dir, aber du solltest nur die kaufen, in denen du dich auch wohlfühlst.“

Darauf nickte der Braunhaarige nur, war froh wieder seine normalen Klamotten anziehen zu können. Nein, er hatte sich wirklich nicht wohl gefühlt und es war ihm unangenehm gewesen so von Kuina angestarrt zu werden und dazu auch noch Komplimente zu bekommen. Vor allem weil er sie dem anderen nicht glaubte und das tat ihm irgendwie weh. Dabei war der Tag für ihn bis jetzt so schön gewesen und jetzt hatte er doch wieder das leichte Gefühl, es könnte ein Fehler gewesen sein, mitzugehen.
 

tbc

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So und da ist das nächste Kapitel, ehm ja, was ab ich zu sagen... also irgendwie glaube ich, Kazukis Mutter kommt falsch rüberxD
 

@Lucel: ja, Kazuki wird auch noch ein bisschen leiden müssen im Laufe der FF, aber Kuina ist kein Schüler, der ist nämlich auch schon älter^-^

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Kazuki hatte sich dann besagtes Oberteil, ein Hemd und das dazugehörige Sakko, sowie eine Hose ähnlich der, die er gerade trug, gekauft. Wobei er die letzteren Dinge hauptsächlich gekauft hatte, weil er sich irgendwie dumm vorgekommen wäre neben Kuina, der tonnenweise Klamotten aus dem Shopping-Center schleppte, während er selbst nur ein Teil gekauft hätte. Der Braunhaarige musste doch auch so schon unheimlich seltsam und langweilig auf seinen älteren Nachbarn wirken.

„Macht’s dir was aus, wenn wir in dem Matsuya da vorne was essen? Ich bin am Verhungern.“, war der erste Kommentar des Blauhaarigen kaum waren sie wieder auf die Straße getreten. Okay, aber sie waren auch fast drei Stunden in dem Center gewesen und ein wenig Hunger hatte der Größere auch. Also nickte Kazuki und folgte dem mal wieder vor sich hingrinsenden Kuina. Ob der andere vielleicht doch Spaß an ihrem Treffen hatte? Aber wahrscheinlich war er eher einfach immer gut gelaunt oder er wollte Kazuki nicht verletzten und tat so, als ob es ihm gefiel. Dabei hatte der Schüler sich doch so viel für heute vorgenommen und er war auch der Meinung, dass er das bis jetzt gut geschafft hatte. Aber genauso war ihm bewusst, dass er noch deutlich mehr tun musste, wenn er wirklich wollte, dass Kuina auch noch nach heute etwas mit ihm machte. Nur was, das wusste Kazuki nicht so genau.
 

„Ich glaub, ich hab schon wieder viel zu viel gekauft. Mein Vater wird mich umbringen.“ Sie saßen mittlerweile in dem kleinen Schnellrestaurant und aßen, dabei war es wieder alleine Kuina, der redete. Wobei Kazuki gerade erst aufgefallen war, dass der Blauhaarige zwar die ganze Zeit redete, dabei aber gar nichts über sich selbst erzählte. Kazuki wusste eigentlich nicht wirklich etwas von dem anderen außer seinen Namen. Vielleicht sollte er ihn etwas fragen, irgendwas Unverbindliches, Nebensächliches. Dann würde er erstens über seinen Schatten springen und auch mal etwas zum Gespräch beitragen und zweitens würde er Interesse an dem anderen zeigen, was er ehrlicherweise ja auch hatte und das wäre doch sicher förderlich für ihre potentielle Beziehung. Denn nach dem bisherigen Verlauf des Tages war der Braunhaarige doch überzeugter davon, dass Kuina ihm freundlich gesinnt war, als dass das Gegenteil der Fall wäre. Unsicher war Kazuki trotzdem, dass lag aber mehr daran, dass er nicht einschätzen konnte, was Kuina von ihm hielt.

„Wo kommst du eigentlich her?“, stellte Kazuki dann also seine Frage, zuckte aber sofort zurück, als er merkte, dass der Blauhaarige ihn darauf nur wie versteinert anstarrte. Hatte er doch was falsch gemacht?

„Kazu, ich wusste, dass aus uns noch was wird. Endlich taust du ein bisschen auf, das find ich spitze.“, kam es nach quälend langen Sekunden endlich von Kuina und dann tat der Ältere etwas, was Kazuki vollkommen aus der Bahn warf: Er umarmte ihn, nur kurz aber es war eine Umarmung und jetzt saß der Blauhaarige wieder da, als wäre nichts gewesen und grinste so breit und fröhlich wie Kazuki es noch nie gesehen hatte. „Ich wusste gleich als ich dich gesehen habe, dass wir bestimmt gute Freunde werden.“

Der Braunhaarige saß nur starr und ein wenig verspannt auf seinem Stuhl. Ihn hatte noch nie jemand einfach so umarmt, außer seiner Mutter, und er konnte das absolut nicht einordnen. Aber irgendwie hatte es ihm gefallen, auch wenn der angstzerfressene Teil in ihm, ihn gerade wieder dazu anhalten wollte, ganz weit weg zu rennen. Von Kuina umarmt zu werden, war wirklich komisch, auf eine angenehme Art komisch, und vor allem hatte der andere gesagt, sie würden ‚Freunde‘ werden und das freute den Braunhaarigen doch mehr als er selbst erwartet hatte. Er wollte unbedingt Kuinas Freund werden und deswegen würde er auch versuchen noch mehr an ihrem Gespräch teil zu haben.

„Hmm, aber die Frage. Also eigentlich komme ich aus Tokyo. Ich hab früher mit meinen Eltern in Asakusa gewohnt.“, begann der Blauhaarige dann zu erzählen und dass Kuina jetzt erst mal mit reden beschäftigt war, half Kazuki auch wieder zur Ruhe zu kommen. „Als ich ungefähr zwölf war, haben meine Eltern sich getrennt bzw. meine Mutter hat meinen Vater in einer Nacht und Nebelaktion verlassen und ist mit mir abgehauen. Wir haben erst kurz auf Odaiba bei einer Freundin von ihr gewohnt, dann sind wir nach Nagoya, nach Toyama, ehm Kanagawa, wenn ich mich richtig erinnere und letztendlich nach Aomori. Als ich 15 war, sind wir dann nach Osaka gezogen. Da haben wir etwas mehr als zwei Jahre gewohnt, bevor wir zu meinen Großeltern nach Saitama gezogen sind. Und naja vor ‘nem halben Jahr ist meiner Mutter eingefallen, dass sie ja eigentlich wieder heiraten will und mich dazu erst mal loswerden muss und dass es meinen Vater ja auch irgendwo noch gibt. Mein Dad hat auch zugestimmt, mich aufzunehmen, hatte aber eine zu kleine Wohnung und so kommt’s, dass ich jetzt neben dir wohne.“

Kuina hatte das alles so emotionslos mit seinem typischen Grinsen erzählt, wie als wäre das nichts, dabei fand Kazuki die Geschichte wahnsinnig schlimm. Alleine wenn er sich vorstellte, seine Mutter könnte ihn irgendwann so abschieben. „Dann hast du deinen Vater so lange nicht gesehen und musst jetzt bei ihm wohnen?“ Es kostete den Braunhaarigen sehr viel Überwindung diese Frage zu stellen, aber einerseits wollte er es gerne wissen und andererseits hatte er das Gefühl, dass Kuina sich darüber freute, dass Kazuki ihm Fragen stellte.

„Jein, also meine Mutter wollte nicht, dass ich Kontakt zu ihm habe, aber ich hab meinen Vater gemocht und von daher hab ich mit 15 wieder heimlich Kontakt zu ihm aufgenommen, aber gesehen hab ich ihn bevor wir nach Saitama gezogen sind wirklich nicht.“, gab der andere bereitwillig weiter Auskunft. „Aber ich bin ehrlich froh, jetzt bei meinem Vater zu sein.“ Kuina schien die ganze Sache wirklich nicht so schlimm zu finden wie Kazuki. Vielleicht war der Jüngere auch nur so geschockt, weil er nicht glaubte, dass man seinen Vater mehr als seine Mutter mögen konnte. Wobei eigentlich konnte er das ja gar nicht beurteilen, er hatte ja nie einen Vater gehabt.

„Und erzählst du mir jetzt auch was über dich?“, riss die Stimme seines Nachbarn ihn nach einer Weile aus seinen Überlegungen. Das war nicht sein ernst? Okay, Kazuki würde schon gerne etwas erzählen, aber er konnte nicht. Es gab so viel, was ihn daran hinderte, immerhin konnte er Kuina doch nicht vertrauen, was wenn der andere ihn doch nicht mochte oder ihn nicht mehr mögen würde, wenn er gewisse Dinge von dem Jüngeren wusste? Und statt irgendetwas zu sagen, begann er nur wieder zu zittern, den Blick zu Boden zu wenden und unkontrolliert auf seiner Unterlippe herum zu kauen. „Du musst nicht, ich will dich nicht bedrängen.“, wehrte der andere auch augenblicklich ab und wieder hatte Kuina diesen schuldbewussten Ton. Dabei war es doch nicht seine Schuld, Kazuki war doch der Komische, Kranke von ihnen beiden, der der ihnen den schönen Tag dauernd wieder ruinierte.

„Irgendwann.“, antwortete der Braunhaarige noch leise, widmete sich dann wieder seinem Essen. Er musste sich erst mal ablenken und wieder normal werden, das hieß so normal wie es ihm möglich war. Er hoffte, dass er wirklich irgendwann in der Lage wäre, Kuina so weit zu vertrauen, dass er offen mit ihm reden könnte.
 

Eine halbe Stunde später hatte Kazuki seine Unsicherheit dann wieder soweit verdrängt, dass er ihren Ausflug wieder als ganz angenehm wahrnahm. Die beiden waren mittlerweile dazu übergewechselt im Tower Records die CD-Regale zu durchsuchen. Wie der Braunhaarige mittlerweile dann auch gemerkt hatte, schienen sie sogar ungefähr den gleichem Musikgeschmack zu haben, nur dass Kuina eine Menge mehr Bands zu kennen schien.

„Und die sind super, die musst du dir unbedingt anhören und… WOW! Das darf nicht wahr sein.“

Etwas verwirrt blickte Kazuki dem davon stürzenden Kuina hinterher, was auch immer der Blauhaarige da auf einem Plakat entdeckt hatte, musste ja wahnsinnig interessant sein, zumindest hatte es dazu geführt, dass er sein Vorstellungsprogramm unterbrochen hatte, denn Kuina hatte es sich die letzten Minuten vorgenommen gehabt, Kazuki alle seine Lieblingsbands zu zeigen.

„Was hast du da?“, fragte der Jüngere also, nachdem er Kuina hinterher gelaufen war.

„Heut Abend bei dem Event im O-East spielen ‚vNeu‘.“, brachte der Blauhaarige nur begeistert hervor, seine Augen leuchteten unheimlich.

„Und?“, konnte Kazuki aber nur fragend erwidern. Er hatte ehrlich keine Ahnung worauf der andere hinaus wollte. Vielleicht war diese Band ja sehr bekannt, aber er hatte von ihnen auf jeden Fall noch nie gehört.

„Das ist eine meiner absoluten Lieblingsbands. Die hab ich schon ewig nicht mehr gesehen. Wollen wir nicht vorbeigehen und gucken, ob wir noch Karten bekommen?“

„Err…“ Kazuki wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Einerseits wollte er nicht zu dem Konzert gehen, er hatte Angst vor solchen Menschenansammlungen, aber andererseits schien Kuina unbedingt hinzuwollen und der Ältere gab sich schon den ganzen Tag solche Mühe, da wollte er ihm gerne den Gefallen tun, hinzugehen.

„Das wird super, die würden dir sicher auch gefallen.“, versuchte Kuina es weiter, aber Kazuki war sich wirklich unsicher, ob er das mit dem Konzert schaffen würde. Wobei es mit Kuina ja wirklich schön war und im Endeffekt waren ja auch den ganzen Tag schon viele andere Menschen um sie herum gewesen. Nur eben auch nicht ganz so eng wie es bei dem Konzert der Fall wäre. „Glaub mir, das wird wirklich gut. Und du brauchst keine Angst zu haben, wenn dir einer blöd kommt, box ich ihn weg.“ Es überraschte Kazuki, dass der Blauhaarige direkt sein Problem bemerkt zu haben schien, wobei wahrscheinlich verhielt Kazuki sich auch einfach nur so auffällig. „Du kannst mir vertrauen, es wird Spaß machen.“ Ja, wenn das nur so einfach wäre, er würde Kuina gerne vertrauen, aber konnte er das wirklich jetzt schon, wo sie sich doch eigentlich noch gar nicht richtig kannten?
 

Eine halbe Stunde später befand der Braunhaarige sich dann doch vor dem Eingang des Shibuya O-East. Er hatte zugestimmt mit Kuina zu dem Konzert zu gehen, was der Ältere wieder mit einer freudigen Umarmung gedankt hatte. Dieses Mal hatte er den Jüngeren regelrecht durchgeknuddelt, aber es hatte den Braunhaarigen doch mehr gefreut als verängstigt, geschafft die Umarmung zu erwidern hatte er zwar nicht, aber zumindest hatte er den Drang, den andere wegzustoßen, erfolgreich bekämpft. Kazuki war sich sicher, er mochte Kuina und er war dabei sich mit dem anderen anzufreunden, auch wenn es sicher noch eine Zeit dauern würde, bis er dem anderen vollkommen vertrauen und sich dem anderen öffnen könnte.

„Oh, das wird so super, ich bin so froh, dass wir noch Karten bekommen haben. Und es ist spitze von dir, dass du mitkommst.“ Kuina war noch aufgedrehter und redete gefühlt noch mehr, seit er wusste, dass er seine Lieblingsband nachher sehen würde. Aber ein bisschen konnte Kazuki das auch verstehen, er hatte sich damals auch darüber gefreut seine Lieblingsband zu sehen, auch wenn ihm die Atmosphäre und die vielen Leute wahnsinnig Angst gemacht hatten.

„Ja, kein Problem.“, antwortete der Größere, während sie die Treppen hinauf und in das Livehouse gingen. Es war nicht ganz so schrecklich groß wie das, wo er mit Yuu gewesen war, aber trotzdem doch groß genug, um Kazuki ein unangenehmes Gefühl zu bescheren. Vor allem da es ziemlich voll war. „Was machen die eigentlich so für Musik?“

„Oh, also es…“, begann der Blauhaarige mit schon richtig leuchtenden Augen bei dem Gedanken jetzt von dieser Band schwärmen zu können, wurde aber durch ein lautes ‚Kuina‘-Rufen unterbrochen. Sowohl Kazuki als auch Kuina drehten sich synchron in Richtung der Stimmen, wobei der Braunhaarige sich ziemlich dumm vorkam, er würde Kuinas Freunde ja sowieso nicht kennen.

„Rui, Hayato, ihr auch hier?“, rief der Ältere aber nur zurück, winkte wild vor sich hin und einen Augenblick später, kamen zwei von Kopf bis Fuß durchgestylte Typen auf sie zu, die Kuina kurz begrüßten und dann Arm in Arm vor ihnen stehen blieben. Kazuki konnte gar nicht anders als die anderen beiden anzustarren. Sie waren sicher Freunde von Kuina, zumindest fing der Blauhaarige gleich an, sich mit ihnen zu unterhalten. Aber sie würden auch gut zu Kuina passen, viel besser als er. Sie passten vom Stil wahnsinnig gut zu dem Älteren und waren keinesfalls so langweilig und unauffällig wie Kazuki, wahrscheinlich waren sie auch nicht so verschüchtert.

Noch hatte sich keiner der Neuen wirklich mit ihm beschäftigt, was dem Schüler aber ganz recht war, so konnte er sie ungestört erst mal genau mustern, denn es ging ihm gerade so wie damals bei seiner ersten Begegnung mit Kuina, er fühlte sich zwar schlecht sie anzusehen, aber die beiden waren so faszinierend, dass er nicht anders konnte. Sie waren beide ein Stück kleiner als Kazuki, aber wohl auch beide etwas älter, wobei er das nicht sicher sagen konnte. Der Größere von beiden hatte silberne, kurze Haare, einen kleinen Stecker an der Unterlippe und wahnsinnig hübsche, warme Augen. Außerdem war zumindest seine eine Hand tätowiert und er trug ein bisschen Make-Up, wobei Kuina das ja auch tat. Seine Klamotten waren mehr oder weniger schwarz, womit er im Vergleich zu seiner Begleitung schon fast normal aussah. Kuinas zweiter Bekannter, der eng an den Silberhaarigen geschmiegt stand und von diesem einen Arm um die Taille gelegt bekam, war blond, er hatte lange, durchgestylte Haare und trug wahnsinnig viel Make-Up, sowie ebenfalls Lippenpiercings. Seine Klamotten stellten auch irgendwie mehr Haut zur Schau als sie verdeckten, sehr kurze Hosen, Strapsen und ein bauchfreies Oberteil, aber es stand dem anderen ausgezeichnet. Er war zwar nicht so mager wie Kuina, aber hatte trotzdem eine sehr viel bessere Figur als Kazuki. Sowieso konnte Kazuki seinen Blick gar nicht mehr von dem Blonden abwenden, er war so hübsch, sie waren beide so wunderschön. Okay, Kazuki sah nicht sonderlich viele andere Menschen, aber er hatte selten so gutaussehende Männer gesehen. Vor allem sahen sie zusammen so gut aus, sie waren sicher ein Paar, zumindest wirkten sie so. Aber in ihrer Nähe wurde Kazuki wieder ganz anders. Kuina hatte sicher viele solcher Freunde, wieso auch nicht, der Blauhaarige passte gut zu ihnen und Kazuki tat das nicht, er passte da nicht rein, er passte nicht zu den anderen Dreien, die sich gerade freudig unterhielten. Die beiden Fremden schüchterten ihn gerade wirklich ein und sie weckten die Unsicherheit ob er und Kuina Freunde werden könnten wieder, von der er doch geglaubt hatte, sie sei weg. Wobei es doch eigentlich eher eine Gewissheit war, dass sie einfach nicht zusammen passten, dass egal was Kuina versuchte und egal wie sehr Kazuki es sich auch wünschte, es einfach nicht funktionieren würde. Er war eben einfach nicht dafür gemacht, mit anderen Menschen befreundet zu sein, selbstbewusst und hübsch zu sein.

„Hey, Kazuki, alles okay?“ Es war Kuinas sanfte Stimme, die ihn aus seinen Gedanken und seiner Starre riss. Wobei ihm jetzt erst auffiel, dass die anderen sicher bemerkt hatten, wie er sie gemustert hatte und daher wandte er erst beschämt seinen Blick ab, bevor er stumm nickte. „Naja, auf jeden Fall sind das Rui und Hayato, Freunde von mir. Und Jungs, das ist Kazuki, ein neuer Freund von mir, wir wohnen seit neustem nebeneinander.“

„Freut mich, Kazuki. Ich bin Rui.“ Der Silberhaarige hielt ihm die Hand hin, was Kazuki seinen Blick heben ließ, aber als er die beiden sah, wie sie ihn ansahen, ihn von oben bis unten musterten, wie er es eben bei ihnen getan hatte, wurde ihm nur noch unwohler. Er konnte das nicht, er konnte hier nicht mit Kuina und seinen richtigen Freunden, denen mit denen er auch Gemeinsamkeiten hatte, bleiben. Dabei wollte Kazuki gerne, aber er merkte, wie sein Körper schon wieder begann, seinen Fluchtreflex auszulösen. Er begann zu zittern, sein Herz raste, unerklärliche Angst stieg in ihm auf. Er musste hier weg.

Also rannte er, raus aus der Halle und die Straße runter. Er hatte es wieder nicht geschafft, sicher würde Kuina jetzt merken, wie seltsam er war und nichts mit ihm zu tun haben wollen, aber vielleicht war es besser so. Er war nicht gut im Umgang mit Menschen, das wusste er und deswegen sollte er wohl einfach keine Freunde haben. Er würde es schon überstehen, er war bis jetzt ja auch alleine klargekommen. Es war dumm gewesen zu glauben, mit Kuina könnte es anders werden. Wahrscheinlich machte er sich auch nur selbst was vor und er wollte in Wirklichkeit gar niemandem, dem er sich öffnen, mit dem er Sachen unternehmen könnte. Ja so musste es sein.

„Kazuki, hey warte mal… so schnell… kann ich nicht laufen.“ Vor Schock wäre der Schüler fast hingefallen als er doch wirklich Kuinas Stimme hinter sich vernahm, blieb so nur ungläubig stehen, drehte sich um und sah den Blauhaarigen auf sich zu rennen. „Mann, ich hab viel mehr Tüten, da kann ich nicht so schnell.“, kam der andere nach Luft schnappend neben Kazuki zum Stehen, lächelte ihn aber nur breit an wie immer.

„Du…“ Kuina war ihm nachgelaufen, aber wieso? Damit hatte Kazuki weder gerechnet noch wusste er, wie er damit jetzt umgehen sollte. „Du bist mir nachgelaufen.“

„Klar, ich meine, wir sind doch zusammen hingegangen und wenn es einem meiner Freunde schlecht geht, kann ich mich doch nicht einfach weiteramüsieren.“ Der Blauhaarige klang so ehrlich und Kazuki wurde ganz warm ums Herz. So sehr hatte sich noch nie jemand um ihn gesorgt, zumindest niemand der nicht mit ihm verwandt war. „Also lass uns heimgehen und wenn du willst, reden wir drüber. Aber wir können auch einfach ein bisschen PlayStation zocken und uns mit Süßigkeiten vollstopfen.“

Kazuki nickte nur als Antwort, war immer noch ein bisschen überfordert von der Situation, wobei überrascht es wohl eher treffen würde und er war glücklich, glücklich darüber dass Kuina bei ihm war und dass alle seine Ängste in Bezug auf den Älteren wohl einfach nur lächerlich gewesen waren.
 

Eine Stunde später saßen sie dann wirklich zusammen in Kuinas Zimmer und spielten Videospiele. Der Blauhaarige hatte ein relativ großes Zimmer, sowieso war die Nachbarwohnung einiges geräumiger als ihre eigene. Kuina hatte sogar einen eigenen, riesigen Fernseher, angeblich ein Geschenk seiner Mutter, weil sie wohl doch ein bisschen ein schlechtes Gewissen hatte, ihn so abgeschoben zu haben.

„Willst du darüber reden, warum du vorhin plötzlich weggelaufen bist? Du musst nicht, wenn du nicht willst, ich würde nur gerne wissen, was ich falsch gemacht habe.“ Kuina hatte bis jetzt zu dem Thema geschwiegen, aber anscheinend hatte er es nicht länger ausgehalten und er hatte ja auch irgendwie ein Recht darauf, es zu erfahren. Außerdem klang er so zerknirscht und dabei hatte der Ältere doch gar keine Schuld.

„Du hast nichts falsch gemacht. Ich fand den Tag sehr schön. Es ist nur…“ Der Braunhaarige stoppte, es fiel ihm so schwer weiterzusprechen, dabei wollte er es Kuina gerne erzählen, er musste jetzt einfach all seinen Mut zusammen nehmen. Immerhin hatte der Blauhaarige sich den ganzen Tag um ihn bemüht, war ihm hinterher gerannt, als er geflohen war und hatte sogar seinen Freunde für ihn stehen lassen. Was brauchte Kazuki eigentlich noch an Beweisen, dass Kuina mit ihm befreundet sein wollte, bis er mal begann dem anderen ein bisschen zu vertrauen? Also fing Kazuki an leise weiterzusprechen. „Ich bin einfach nicht so gut mit fremden Menschen. Ich hab eigentlich überhaupt keine Freunde und bin auch einfach nicht gut im Reden und allem.“ Okay, als ob Kuina das noch nicht gemerkt hatte, aber der Blauhaarige sagte nichts, er nickte einfach nur und blickte den Jüngeren weiter aufmerksam an. „Und naja, dann vorhin deine Freunde… sie haben mir irgendwie Angst gemacht.“

Eigentlich hatte der Schüler fest damit gerechnet, jetzt ausgelacht zu werden. Immerhin fand er ja selber, dass es total albern klang, die beiden Fremden hatten ihm ja nicht wirklich etwas getan, außer aufzutauchen. Aber Kuina sagte nichts, er saß nur weiter da und schien zuhören zu wollen und irgendwie sorgte das dafür, dass der Größere sich wenigstens ein bisschen entspannte. „Naja, die beiden sahen so wahnsinnig toll aus, du siehst auch so cool aus und der Blonde, er war so wunderhübsch. Und ich… ich bin so langweilig, ich pass da nicht dazu. Ich pass als Freund gar nicht zu dir.“

„Oh, Kazu, das…“ Kuina schien wirklich über das Gesagte nachzudenken und er lächelte jetzt auch gar nicht mehr, er sah irgendwie bedrückt aus. Dabei wollte der Jüngere gar nicht, dass sein Nachbar sich wegen ihm schlecht fühlte. „Mir ist vollkommen egal wie du aussiehst. Ich meine, du bist nett und umgänglich, ich hatte super viel Spaß mit dir heute, das ist viel wichtiger. Und ich finde wir passen perfekt zusammen als Freunde, sonst hätt ich mich ja nicht direkt so wohl bei dir gefühlt. Außerdem ich hab Hayato schon ohne Make-up gesehen, also nicht so wie vorhin und du bist viel hübscher.“ Jetzt grinste Kuina wieder und sein Lächeln war so ansteckend, dass Kazuki nicht anders konnte, als seine Mundwinkel auch ein wenig nach oben zu ziehen. „Mal ehrlich Kazu, ich glaub, du hast einfach nur absolut kein Selbstbewusstsein, aber das kriegen wir hin. Wenn du willst, mach ich dich genauso cool wie mich.“ Kuina klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken und dabei schien er wirklich an seine Worte zu glauben.

„Das geht?“ Kazuki wäre gerne wie Kuina, auf jeden Fall, aber er glaubte nicht, dass er so werden könnte, selbstbewusst und cool. Okay, sie könnte ihm neue Klamotten kaufen, aber damit war es ja nicht getan, vor allem weil der Braunhaarige ja heute eindrucksvoll festgestellt hatte, dass er sich in solchen Klamotten nicht wohl fühlte.

„Klar geht das, du bringst doch die besten Anlagen mit, vertrau mir einfach, okay? Du vertraust mir doch oder?“

Tat er das? Nicht hundert Prozent, das konnte er einfach nach so kurzer Zeit nicht, aber zumindest soweit, dass er Kuina glaubte, er könne ihm helfen und das war doch schon mal ein guter Anfang. „Ja, ich denke schon.“
 

tbc

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Ja, da ist mal wieder ein neues Kapitel, nicht dass es laut den Angaben auf dem Word-Dokument schon seit Februar fertig gewesen wäre*hust*... ja ich hab zwar viel zu tun und wenig Zeit zum Schreiben, aber eigentlich bin ich nur zu faul zum Hochladen weswegen das hier so ewig gedauert hat... ich verspreche jetzt nicht, dass das nächste schneller geht, weil vielleicht dauert es auch wieder ewig, weil es gibt zwar durchaus schon so sieben fertige Kapitel, aber da ich seit fast nem halben Jahr auch gar nichts mehr wirklich geschrieben hab, muss ich mich auch erstmal wieder ins Weiterschreiben einfinden(und das gilt auch für meine anderen FFs falls es wen interessiert^-^) und mal gucken, ob mir der momentane Verlauf der Story gefällt. Aber ich mag die Geschichte und daher wird sie irgendwann fertiggestelltxD

So falls sich noch irgendwer der Leser hierher verirrt hat und es noch liest, vielen Dank^-^
 

@Lucel: So, entschuldigung, dass ich dich jetzt wahrscheinlich ganz lange im Mitleiden mit Kazuki gelassen habe, aber ja er hat ein Problem mit seinem Selbstbewusstsein, eindeutig^-^

-5-

-5-
 

Kazuki wusste nicht genau was er jetzt eigentlich von Kuina zu erwarten hatte. Einerseits glaubte er dem anderen wirklich, dass er ihm würde helfen können, immerhin hatte der Blauhaarige vollkommen von sich überzeugt gewirkt, aber andererseits konnte er gar nicht so genau sagen wie Kuina sich diese Hilfe vorstellte bzw. er wusste selbst nicht so genau, was er sich eigentlich erhoffte.

Sie hatten den Samstagabend noch mit zocken und ein bisschen reden verbracht, langsam war Kazuki nämlich wirklich in der Lage sich einigermaßen mit dem Älteren zu unterhalten, zumindest über nichts allzu persönliches und sie hatten sich gleich für Dienstag wieder verabredet und Kazuki freute sich jetzt schon wahnsinnig.

„Du hast so gute Laune seit gestern, Schatz. War es schön mit Kuina?“, sprach ihn seine Mutter auch direkt am nächsten Morgen an, als sie beim gemeinsamen Frühstück saßen. Anscheinend war ihm die Freude über gestern anzusehen.

„Ja, wir waren den ganzen Tag einkaufen und dann waren wir bei Kuina und haben Videospiele gespielt.“ Den Teil mit dem Konzert ließ er besser weg. Immerhin hatten er und Kuina das geklärt und seine Mutter freute sich offensichtlich wirklich darüber, dass er sich mit dem Nachbarn verstand und diese Freude wollte er ihr nicht nehmen. Die Frau tat doch so viel für Yuu und ihn und irgendwie hatte Kazuki immer ein bisschen das Gefühl, dass er ihr dafür nicht genug zurückgab, auch wenn er sich immer bemühte im Haushalt zu helfen und so.

„Das ist schön. Hast du dir auch was gekauft?“ Seine Mutter strahlte richtig und auch Yuu, der die ganze Zeit nur schweigend am Tisch gesessen hatte, lächelte Kazuki leicht zu.

„Ja, ich zeig’s dir nachher okay. Ehm, am Dienstag darf ich da nach der Schule zu Kuina?“

„Natürlich darfst du.“ Seine Mutter freute sich wirklich sichtlich, aber der Schüler freute sich ja auch und zum ersten Mal seit Wochen hatte er nicht schon Sonntagmorgens Bauchschmerzen beim Gedanken morgen wieder in die Schule zu müssen.

„Aber wenn ihr beide heute nichts vorhabt, können wir ja mal wieder was zu dritt machen. Ich habe erst am Montag wieder Spätschicht und ich hab letztens gelesen, dass das technische Museum eine neue Sonderausstellung hat.“ Zur Erklärung musste man wohl anfügen, dass Kazuki und Yuu als Kinder unheimlich begeister von Autos, Flugzeugen und Raumschiffen gewesen waren, weswegen ihre Mutter fast jedes Wochenende mit ihnen in das Museum gegangen war.

„Mama, wir sind keine 12 mehr.“, kam auch gleich eine Abfuhr von dem Schwarzhaarigen.

„Ich würde gerne da hingehen.“ Würde Kazuki wirklich. Nicht weil er sich noch immer für Fahrzeuge interessierte, sondern weil er gerne Zeit mit seiner Mutter und seinem Bruder verbrachte, weil er sich wohl fühlte mit den beiden um sich.

„Okay, dann gehen wir halt. Aber dafür fahren wir nachher dann auch nach Icecream-City.“

„Wie war das mit den 12?“
 

Der Tag mit seiner Familie war wirklich schön gewesen. Sie waren wie geplant in dem Museum, dann Eis essen und irgendwie erinnerte es ihn an seine Kindheit, sie hatten damals oft solche Sachen zusammen gemacht und auch wenn Kazukis Kindheit für Außenstehende wohl alles andere als glücklich gewesen sein musste, er selbst hatte überwiegend schöne Erinnerungen daran.

Aber so schön das Wochenende auch war, es änderte nichts daran, dass es wieder Montag geworden war, dass er sich wieder auf den Schulweg hatte machen müssen und dass er jetzt wieder im Klassenraum saß, mit Papierkugeln bespuckt und mit Stiften beworfen wurde. Gestern hatte er sich noch so gut gefühlt, er hatte das Gefühl gehabt es würde besser werden, jetzt wo er einen Freund gefunden hatte, aber heute wurde dem Braunhaarigen wieder bewusst, dass es nichts ändern würde, Kuina würde ihm zumindest in der Schule nicht helfen können. Kazuki würde diese Quälerei bis zum Abschluss ertragen müssen.

„Hey Schwuchtel, na warst du schön shoppen mit deinem Lover am Wochenende?“ Sonos Stimme ließ Kazuki sofort das Blut in den Adern gefrieren. Nicht wegen des verachtenden Untertons, sondern wegen dem, was er gesagt hatte. „Ich hab euch gesehen. Ihr müsst wissen, der kleine Kazuki hat sich so eine Visu-Schwuchtel angelacht.“ Der letzte Satz war wohl eher an den Rest seiner Mitschüler gerichtet und es kränkte den Braunhaarigen ungemein, dass Sono so über Kuina sprach. Er kannte ihn doch gar nicht, er wusste gar nicht, was der Blauhaarige für ein toller Mensch war, denn dessen war Kazuki sich seit der Aktion gestern sicher. Am liebsten würde er den Silberhaarigen jetzt zurecht weisen, aber er traute sich nicht. Und er hasste sich dafür, dass er sich nicht traute, Kuina zu verteidigen.

„Kein Wunder, dass du immer so viele Kratzer hast, die Metalfresse bleibt beim Küssen bestimmt überall hängen mit den Dingern.“ Es folgten nur weitere hämische Kommentare und das tat Kazuki unerfindlicher Weise viel weher als alle Schläge, die er je bekommen hatte. Weil sie Kuina auch beleidigten, weil sie Kuina wegen ihm beleidigten.
 

Es war den ganzen Tag so weitergegangen, Sono und Saga hatten eine Menge Spaß gehabt, ihn die ganze Zeit mit Kuina aufzuziehen, nur Ruki hatte sich heute erstaunlich wenig an dem Mobbing beteiligt. Somit war der Braunhaarige unendlich froh, als er endlich die Haustür hinter sich schließen und diesen Tag hinter sich lassen konnte. Er hatte wirklich geglaubt, dass die körperlichen Schmerzen viel schlimmer wären als alles was die anderen mit Worten anrichten konnten, aber das war ein Irrtum und heute war er eines besseren belehrt worden. Kazuki war am Ende, er konnte nicht mehr, er könnte sowas wie heute nicht noch ein Jahr ertragen. Völlig erschöpft rutschte er an der Tür nach unten und begann einfach unkontrolliert zu weinen. Er hielt es nicht mehr aus. All die Tränen, die er den ganzen Tag zurückgehalten hatten, aus Angst Sono und die anderen könnten merken, wie sehr es ihn verletzte, mussten einfach raus. Wie gerne hätte er jetzt jemanden, der ihn trösten würde, aber es war niemand da, seine Mutter war arbeiten und Yuu in der Uni. Aber ehrlicherweise wollte er auch nicht, dass ihn jemand so sah. Und so war es wie immer, er weinte sich seinen Schmerz von der Seele, alleine.

Der Schüler hatte sicher noch eine halbe Stunde so im Flur gesessen, bevor er sich in sein Zimmer geschleppt und ins Bett gelegt hatte. Einfach schlafen, dann würde er sich über diesen ganzen Tag keine Gedanken mehr machen müssen.

Sonderlich lange hatte Kazuki dann aber nicht seine Ruhe gehabt. Zwar hatte seine Mutter die Zimmertür möglichst leise geöffnet, aber es hatte ihn trotzdem aus dem Schlaf gerissen. „Kazu-Schatz möchtest du mit zu Abend essen?“

„Nein, ich… ich hab keinen Hunger.“ Das war nicht ganz die Wahrheit, er hatte noch nicht wirklich etwas heute gegessen, aber einerseits würde er jetzt auch nichts herunter bekommen und andererseits war es vielleicht auch besser für seine Figur, wenn er mal nicht so viel essen würde.

„Ist alles okay, Schatz?“ Seine Mutter hatte sich auf der Bettkante niedergelassen, strich ihm jetzt sanft durch die Haare und Kazuki war kurz davor wieder loszuweinen. Aber er musste sich jetzt zusammenreißen, er wollte ihr keine Sorgen machen, sie hatte doch schon genug mit ihm durchgemacht. „Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst.“

„Es ist nichts. Ich bin nur müde.“, nuschelte er leise, robbte sich ein Stück an seine Mutter, um sich anzukuscheln. Wie gerne würde er es schaffen, mit ihr über alles zu reden. Er wusste ja, dass sie ihm nie einen Vorwurf machen würde, nur er konnte sie einfach nicht damit belasten.

„Okay, dann schlaf dich aus, mein Kleiner. Ich liebe dich.“ Die Frau hauchte ihm einen Kuss auf die Schläfe, bevor sie so leise wie möglich das Zimmer wieder verließ, Kazuki sich jetzt endgültig nicht mehr zurückhalten konnte und begann still in sein Kissen zu weinen. Er sollte einfach an Morgen denken, an sein Treffen mit Kuina. Darauf freute er sich und der Gedanke daran munterte ihn auf, es gab ihm ein bisschen der positiven Stimmung des Wochenendes wieder.
 

Und der Gedanke daran heute den Nachmittag mit Kuina zu verbringen, Spaß zu haben und einfach das Gefühl zu bekommen nicht abnormal zu sein, half Kazuki wirklich dabei den Dienstag zu überstehen. Die anderen hatten ihn heute wieder die ganze Zeit beleidigt, aber anscheinend hatte Sono seinen Spaß an der Sache mit dem Blauhaarigen auch schon wieder verloren, denn heute war er fast komplett zu den alltäglichen Beleidigungen zurückgekehrt. Am Ende des Schultags hatte er dann zusätzlich auch noch mal eine Runde Schläge abbekommen, aber glücklicherweise nicht ins Gesicht und außerdem war Ayame ja auch direkt da gewesen, um ihn zu verarzten.

„So, das war’s. Die Sachen von letzter Woche sind gut verheilt.“ Der Blonde lächelte unsicher und Kazuki nickte nur. Irgendwie wenn Kazuki so näher darüber nachdachte, hatte er das Gefühl, dass Sono Ayame automatisch mit mobbte, wenn er Kazuki weh tat. Es war dem Kleineren ja anzumerken, wie sehr es ihn jedes Mal verletzte, wenn er sah, dass sein Schwarm Kazuki mal wieder besonders schlimm zugerichtet hatte. Ja, der Braunhaarige konnte nicht verstehen, was Ayame an dem Schwarzhaarigen fand, aber andererseits hatte er es sich wohl kaum ausgesucht, sich in Sono zu verlieben. Er hatte es sich wohl kaum ausgesucht, sich in ein solches Arschloch zu verlieben. Es war sicher nicht leicht für ihn, den Braunhaarigen jedes Mal zu verarzten, wenn ihn dass doch nur daran erinnerte, wie schrecklich Sono doch war. Und deswegen war Kazuki Ayame dankbar für alles was er für ihn tat.

„Danke. Ja, es ist schon viel besser geworden.“ Kazuki zwang sich zu einem Lächeln, was der Blonde aber nicht erwiderte, er sah nur abwesend zu Boden und spielte mit seinen Händen.

„Sag mal, darf ich dich was persönliches fragen?“, kam es nach kurzen Schweigen von Ayame und so unsicher wie gerade hatte er noch nie geklungen.

„Err… ja.“ Der Braunhaarige war sich sicher, nichts über sich erzählen zu wollen, aber genauso sicher war er eigentlich auch, dass die Frage nicht allzu persönlich sein würde. Immerhin hatte der andere ihn noch nie etwas Persönliches gefragt. Sie unterhielten sich immer ganz oberflächlich.

„Das was Sono erzählt hat… also dass du mit einem Jungen zusammen bist. Stimmt das?“

Kazuki wusste nicht, ob die Frage ihn jetzt überraschen sollte oder nicht. Es war eher so, dass es ihn verwirrte, dass Ayame sowas ernsthaft von ihm wissen wollte und dass er Sono die Geschichte zu glauben schien. „Wieso?“, war daher alles, was er antworten konnte.

„Naja, ich… ich wollte wissen, wie… wie das so ist und...“ Der Blonde machte eine Pause, kaute nur auf seiner Unterlippe rum. „Wie bist du mit ihm zusammengekommen, weil… also vielleicht… bei Sono…“ Die letzten Worte gingen in dem Flüstern des Blonden unter, aber zumindest wusste er jetzt worauf der anderen hinauswollte.

„Nein, es stimmt nicht. Du… ich kann dir leider nicht weiterhelfen.“ Eigentlich hatte er sagen wollen, Ayame solle aufhören sich Hoffnungen zu machen, aber wer war er schon, dem anderen Ratschläge zu geben?
 

Kazuki hatte sich dann recht bald auf den Weg nach Hause gemacht, beziehungsweise zu Kuina, zu dem er ja direkt gehen wollte und vor dessen Wohnungstür er sich auch kaum eine halbe Stunde später befand. Heute war sogar kein Stück seiner Nervosität mehr vorhanden, ihm Gegenteil er freute sich auf gleich.

„Hey Kazu, da bist du ja endlich, ich warte schon den ganzen Nachmittag.“, wurde er auch direkt von Kuina begrüßt, dessen Worte zwar irgendwie vorwurfsvoll klangen, aber dadurch dass er schon wieder dabei war breit vor sich hinzugrinsen, nahm das dem Ganzen doch die Schärfe.

„Naja, ich war noch in der Schule.“ Und was sich der Braunhaarige gerade fragte, musste Kuina eigentlich nicht zur Schule, Uni, Arbeit oder was auch immer der andere so machte. Irgendwie schien er immer Freizeit zu haben.

„Ach Schule… naja, komm rein, hast du Hunger?“ Angesprochener schüttelte nur kurz den Kopf, folgte dem Blauhaarigen in die Wohnung. „Dann können wir gleich mal anfangen, ich hab mir was Gutes überlegt.“

Okay, also das fand Kazuki jetzt vielleicht doch ein bisschen seltsam. Er konnte sich zwar noch daran erinnern, dass der Ältere ihn so cool wie sich machen wollte, aber so wie Kuina sich gerade verhielt, er hatte sich eine nerdige Fake-Brille aufgesetzt, auf seinem Sessel Platz genommen und deutete auf die Couch neben sich, kam er sich ein bisschen so vor als ob der andere Psychiater spielen wollte und das gefiel ihm gar nicht. Er wollte sich mit Kuina anfreunden, er wollte dem anderen auch gerne mal soweit vertrauen, dass er ihm seine Geheimnisse, Ängste und so weiter anvertrauen konnte. Aber davon war er noch weit entfernt und die Aussicht, dass der andere ihn jetzt genau sowas fragen könnte, ließen ihn schon wieder Panik bekommen.

„Kazu, du brauchst keine Angst haben, setz dich einfach erst mal. Ich finde, wir sollten uns erst mal besser kennen lernen. Also ich hab gedacht, wir machen es so, wir stellen uns abwechselnd Fragen. Und wenn dir eine Frage zu privat ist oder du sie nicht beantworten willst, musst du nicht, okay?“

Das klang irgendwie akzeptabel oder zumindest danach dass er es schaffen konnte, wenn er all seinen Mut zusammen nahm. Vor allem war er Kuina dankbar, dass er Kazuki von sich aus die Möglichkeit des Rückzucks gab, er müsste nicht antworten und das machte die Situation für ihn angenehmer, so dass er sich jetzt auch ganz entspannt auf dem Sofa niederließ. „Okay.“

„Gut also ich fang mal an. Was ist deine Lieblingsband?“

Kazuki stutzte einen Moment angesichts dieser Frage. Sie war so normal und oberflächlich, aber er hatte ja bereits gemerkt, dass Kuina unheimlich einfühlsam und aufmerksam sein musste, dass er dann nicht gleich sehr private Fragen stellen würde, war ja irgendwie klar. „Ehm, also meine Lieblingsband sind ‚and‘.“

„Ah, die kenn ich, die sind gut. Hast du die mal live gesehen?“

„Ich bin dran mit fragen oder?“ Der Braunhaarige lächelte leicht und Kuina stimmte nur lachend zu. „Okay, also dann, was machst du den ganzen Tag so? Also ich meine… gehst du zur Schule?“ Die Frage stellte er sich ja schon seit ein bisschen länger und sie war ja auch ganz normal, also konnte er sie sicher auch ruhig stellen.

„Oh, ich geh schon lang nicht mehr zur Schule, also ich war angemeldet und so, aber Oberschule war nichts für mich und jetzt bin ich Musiker, also ich bin dabei einer zu werden. Und naja ich arbeite gelegentlich in ‘nem Schmuckladen in Harajuku.“

„Achso.“ Deswegen hatte der Blauhaarige also so viel Zeit, aber Musiker fand er cool und es passte auch irgendwie zu Kuina.

„Jap. Okay also hast du ‚and‘ schon mal live gesehen?“

„Ja, einmal mit meinem Bruder.“, antwortete der Braunhaarige, überlegte kurz ob er noch mehr dazu sagen sollte. Es war damals zwar kein solches Fiasko wie Samstag gewesen, aber viel besser war es auch nicht. „Aber ich hab nur ungefähr die Hälfte des Konzerts gesehen, dann hab ich es nicht mehr ausgehalten.“, fügte er dann doch leicht unsicher hinzu, aber von Kuina kam wieder kein Lachen, sowieso lachte er den Braunhaarigen nie aus, egal was Kazuki erzählte und das bestärkte ihn gerade noch zusätzlich, dass er dem anderen auf die Fragen antworten könnte. Nur ein kleines, zufriedenes Grinsen zierte das Gesicht des anderen. „Hast du eine Band?“ Das Rockstar-Thema fand Kazuki spannend, deswegen war ihm für seine Verhältnisse auch schnell etwas eingefallen, was er den anderen fragen konnte.

„Ja, aber wir haben noch nicht so richtig viel. Also drei eigene Lieder und einen Auftritt. Und uns fehlt auch noch ein Mitglied.“, kam es von Kuina, der sich seiner Brille jetzt auch wieder entledigt hatte und sich quer in den Sessel legte. „Rui ist übrigens unser Bassist.“ Rui, wenn Kazuki sich richtig erinnerte, war das der Silberhaarige von Samstag. Aber der hatte ja auch wie ein Rockstar ausgesehen. „Wenn du willst, nehm ich dich mal mit zur Probe. Dann kannst du die anderen kennen lernen, die sind wirklich nett.“

„ Err… ja, ich weiß nicht.“ Das war sicher keine gute Idee. „Vielleicht irgendwann.“ Wobei Kazuki ja wirklich neugierig war, wie gut Kuina Gitarre spielte, aber die Fremden, die noch in Kuinas Band waren, wollte er nun wirklich nicht unbedingt treffen.

„Du magst keine Menschenansammlungen oder?“, stellte der Ältere dann seine nächste Frage, auf die Kazuki erst mal nur nickte.

„Ich kann nicht gut mit anderen Menschen und naja je mehr andere da sind, desto größer ist die Chance, dass jemand von denen… böse ist.“ Kazuki hatte die Notwendigkeit gefühlt noch irgendwas auf die Frage zu sagen, auch wenn ihm seine Antwort so wahnsinnig dämlich vorkam. Aber Kuina nickte wieder nur leicht und schien über das Gesagte nachzudenken. „Findest du mich eigentlich seltsam?“ Die Frage war Kazuki einfach so herausgerutscht, es war das erste, das ihm eingefallen war und er hatte das Gefühl gehabt unbedingt schnell etwas fragen zu müssen, bevor Kuina zu viel Zeit hatte über Kazukis letzte Antwort nachzudenken. Dabei war sie ihm aber so peinlich, dass er jetzt doch den Blickkontakt zu Kuina brechen musste und wieder mal nur seine Füße anstarrte.

„Nein, wirklich nicht. Ich meine, was ist schon normal, wenn wir alle gleich wären, wäre es doch langweilig. Ich unterscheide Menschen in solche, die ich mag und die, die ich nicht mag. Und dich mag ich.“ Der andere lächelte versichernd und schaffte es damit auch Kazuki irgendwie zu beruhigen. „Aber mich würde interessieren, warum du glaubst, du wärst seltsam.“

„Naja, ich…“ Kazuki wusste nicht genau, ob er diese Frage beantworten konnte, holte dann nochmal tief Luft und versuchte es. Er wollte ja ehrlich zu Kuina sein und ihm vertrauen. „Ich hab keine Freunde und weil ich halt nicht mit anderen Menschen kann.“

„Hm, du bist einfach schüchtern. Das hat überhaupt nichts mit seltsam zu tun.“

„Sicher? Aber sonst ist niemand so wie ich. Ich meine, wie bist du so extrovertiert geworden?“ Ja, extrovertiert wäre das richtige Wort, um den Blauhaarigen zu beschreiben.

„Err… ich denke, ich bin schon immer so, aber glaub mir, sowas kann man lernen. Ruis bester Kumpel zum Beispiel war früher genauso zurückhaltend wie du und jetzt… naja sagen wir, er ist noch einiges selbstbewusster als ich.“ Kuina lachte leise, Kazuki hingegen konnte die Geschichte ja nicht so ganz glauben. „Weißt du, du musst einfach zwei Dinge lernen: Erstens musst du dir bewusst werden, dass die Meinung andere Leute über dich oder ihre Erwartungen an dich, nicht wichtig sind. Es zählt nur, was du willst und jemand der dich nicht mag, so wie du bist, der ist es nicht wert, dass du dir wegen ihm Gedanken machst oder dich irgendwie zurücknimmst. Und zweitens musst du lernen, dich selbst realistisch einzuschätzen. Wenn du weißt, wo du stehst und was du kannst, dann können andere dich auch nicht mehr so leicht runterziehen.“ Die Worte des anderen ergaben Sinn, aber trotzdem, Kazuki wusste doch wie er war, was er wert war und gerade das war doch irgendwie auch sein Problem, dass er wusste, das nichts Besonderes an ihm war. „Weißt du, ich glaub das mit der Selbsteinschätzung ist ein ziemliches Problem. Fangen wir mit deinem Äußeren an, wenn du dich bewerten müsstest auf einer Skala von eins bis zehn, was würdest du dir selbst geben?“

„Err…“ Diese Frage war dem Braunhaarigen dann doch unangenehm, nicht weil er sie nicht beantworten konnte, sondern weil er sicher war, dass Kuina irgendwie eine andere Antwort von ihm wollte, als die, die er geben konnte. Aber der Blauhaarige blickte ihn nur weiter auffordernd an und so antwortete er doch. „Zwei.“ Er war hässlich, das war ihm klar, der einzige Grund warum er sich selbst keine eins gab, war weil er nicht ganz fett war.

„Das ist nicht dein Ernst. Du hast noch nie in einen richtigen Spiegel gesehen oder?“ Kuina sah jetzt wirklich ein wenig entsetzt aus. „Mal ehrlich, ich kenne viele Leute und du gehörst definitiv zu den bestaussehendsten Kerlen, die ich kenne. Wenn du dich ein bisschen besser anziehen würdest, wärst du eine glatte zehn.“

„Was?“ Das konnte Kuina unmöglich ernst meinen, der Blauhaarige konnte ihn doch nicht hübsch finden. Nein, das glaubte Kazuki nicht, wobei der andere ja eigentlich keinen Grund hatte in zu belügen, der Blauhaarige war ja eigentlich die ganze Zeit ehrlich zu ihm, aber selbst wenn es gäbe sicher niemanden außer Kuina, der ihn hübsch fand.

„Das ist mein voller Ernst und ich werde es schon irgendwie schaffen, dass du merkst, wie gut du aussiehst.“ Der Blauhaarige setzte sein unwiderstehliches Lächeln auf, bei dem Kazuki gar nicht anders konnte, als seinen Worten Glauben zu schenken. Auch wenn es ihm absurd vorkam, er war nicht hübsch, Sono und die anderen hatten ihm oft genug das Gegenteil vorgehalten. „Aber eine Frage habe ich noch. Warum glaubst du immer, dass alle Menschen dir Böses wollen?“

„Ich…“ Nein das konnte er wirklich nicht sagen, das ging nicht. Wenn er diese Frage beantworten wollte, müsste er von dem Mobbing und so vielem anderen erzählen und das konnte er nicht. Denn noch immer war er absolut sicher, dass sobald der Ältere erfuhr, was für ein Opfer Kazuki war, er nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen würde.

„Hey, ist schon gut, du brauchst die Frage nicht zu beantworten.“ Kazuki hatte gar nicht gemerkt, dass er schon wieder begonnen hatte zu zittern, erst Kuinas Hand die sich beruhigend auf seine Schulter gelegt hatte, machte ihm das deutlich. „Wir kümmern uns erst mal um die Sache mit deinem Selbstwertgefühl. Eins nach dem anderen.“ Kuina hatte sich jetzt zu Kazuki aufs Sofa gesetzt, seine Hand noch immer auf dessen Schulter liegend. „Und jetzt würde ich sagen, zocken wir einfach noch ein bisschen.“

„Okay.“ Ja, auch wenn Kazuki dieses Frage-Antwort-Spiel nicht so schlimm gefunden hatte, jetzt gegen Ende war es ihm unangenehm geworden, denn langsam waren die Fragen in eine Richtung gegangen über die er nicht reden konnte und wollte.

„Sag mal spielst du eigentlich ein Instrument?“, stellte der Kleinere dann noch eine letzte Frage, während er aufstand, die Konsole anschaltete und nach den Controllern griff.

„Ja, auch Gitarre, aber nicht gut.“

„Cool, dann spielen wir mal zusammen, demnächst.“
 

tbc

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Und es geht doch schon weiter^-^ Naja ich mach gerade Pause vom Packen für meinen Umzug bzw. ich mache grad alles Mögliche andere außer dem was ich wirklich machen sollte, Packen ist viel zu anstrengend>.<
 

@Lucel: Ja, es ging mal weiterxD ja irgendwann muss Kazuki ja mal ein bisschen auftauen, weil sonst geht die FF ewigxD

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Info
 

Samstag wurde Kazuki erst von der Mittagssonne, die warm auf sein Gesicht fiel, wach, fühlte sich zum ersten Mal seit Wochen erholt und ausgeruht. Und zum ersten Mal hatte er auch keine blauen Flecken, Kratzer oder sonstigen Verletzungen mit denen er ins Wochenende starten würde. Nach Dienstag war die Woche für ihn entspannt vergangen, sowohl Sono als auch Saga waren seit Mittwoch krank gewesen und Ruki hatte ihn, wie immer wenn er alleine war, in Ruhe gelassen. Mit Kuina schrieb er mittlerweile jeden Tag und für heute Nachmittag hatten sie sich zum Gitarre spielen verabredet. Der Braunhaarige hatte extra jeden Abend geübt, um sich nicht ganz zu blamieren, immerhin spielte Kuina ja in einer Band. Normalerweise spielte er ja nie jemandem etwas vor, außer seiner Mutter, aber bei Kuina fühlte er sich von Mal zu Mal wohler und deswegen hatte er auch keine Angst, ihm vorzuspielen.

Noch einmal gähnte und streckte der Braunhaarige sich, bevor er mit einem breiten Grinsen auf den Lippen aus dem Bett hüpfte. Es war schon unwirklich wie sehr ein paar ruhige Tage seine Grundstimmung komplett umdrehen konnten. Wobei er das ja schon von den Ferien kannte, da war er auch immer besser drauf. Gut gelaunt griff er sich also Klamotten aus seinem Schrank und machte sich ins Bad. Er würde erst mal entspannt duschen, kochen und essen und dann wäre es sicher bald soweit, dass er zu Kuina rübergehen konnte.
 

Um kurz nach drei war der Braunhaarige dann auch wirklich mit allem fertig, stand an der kleinen Küchenzeile und spülte sein benutztes Geschirr. Seine Mutter musste dieses Wochenende Doppelschichten schieben, deswegen würde er sie wohl kaum sehen und Yuu hatte er heute auch noch nicht zu Gesicht bekommen, aber wo der Ältere sein konnte, wusste er nicht. Aber er würde jetzt sowieso gleich zu Kuina gehen, also konnte es ihm auch egal sein. Sie waren zwar erst in ungefähr einer halben Stunde verabredet, aber der Ältere hätte doch sicher nichts dagegen, wenn Kazuki früher käme. Also räumte er die Küche fertig auf, packte seine Gitarre zusammen, bevor er sich auf zur Nachbarwohnung machte.

„Oi Kazu, du bist schon da.“, wurde er von einem lächelnden Kuina begrüßt, kaum hatte er geklingelt, folgte dem Älteren auch nach einer kurzen Begrüßung direkt in sein Zimmer. Doch dass sich dort noch jemand befinden würde, damit hatte der Braunhaarige nicht gerechnet und diese Überraschung schockte ihn jetzt mehr als er gedacht hätte. „Rui ist noch da, wir haben ein bisschen an unserem neuen Song gearbeitet.“

„Hi, ich bin Rui.“, stellte der Silberhaarige sich direkt vor, schenkte Kazuki ein freundliches Lächeln, was diesen nur beschämt zu Boden sehen ließ. „Du bist der Junge von dem Konzert letzte Woche, richtig?“ Dass sich der Ältere an ihn erinnerte, ließ die Situation nur noch unangenehmer für Kazuki werden, vor allem da er sicher war, der andere müsste ihn nach Samstag für wahnsinnig seltsam halten.

„Hallo, ich bin Kazuki.“, nahm er all seinen Mut zusammen und antwortete dem Älteren. Ansehen tat er ihn noch immer nicht, einfach weil ihm alles so peinlich war, dass er wohl knallrot im Gesicht war.

„Freut mich.“ Kazuki konnte aus den Augenwinkeln sehen wie der andere ihn noch immer anlächelte, ihn dabei schon wieder von oben bis unten musterte. Aber heute durfte der Braunhaarige nicht weglaufen. Einerseits fühlte er sich nicht so unwohl wie Samstag, bei weitem nicht, aber unangenehm war es ihm trotzdem so angesehen zu werden. Vor allem weil der Silberhaarige wirklich wahnsinnig hübsch war, auch ohne Make-up und gerade war sich Kazuki ziemlich sicher, dass Kuina ihn damals nur hatte aufbauen wollen, dieser Hayato war wahrscheinlich auch in Natur eine wahre Schönheit.

„Kazu, setz dich, wir wollen grad nochmal das Lied durchspielen, okay?“, richtete Kuina das Wort an ihn, schob ihn auch schon Richtung Bett, wofür der Braunhaarige dankbar war, denn er hatte sich ehrlich gesagt wie an Ort und Stelle fest gefroren gefühlt.

„Ja, ist okay.“, gab er seinem Freund nur leise zur Antwort, ließ sich auf dem bequemen Bett nieder und sah den anderen beiden einfach dabei zu, wie sie sich wieder auf der Couchgarnitur niederließen und begannen eine Melodie anzustimmen. Es klang wunderbar, Kuina war wirklich gut, damit hatte der Jüngste aber ehrlicherweise gerechnet und auch Rui wirkte so professionell, wie seine Hände schnell und elegant über die Basssaiten glitten, mit den tiefen Klängen einen Rhythmus erzeugten, der ihn direkt gefangen nahm. Auch wenn es dem Braunhaarigen etwas unwohl war, konnte er nicht anders als Kuina und seinen Bandkollegen zu beobachten.

„Und Kazuki, was sagst du zu dem Lied?“ Es war Rui der ihn irgendwann wieder angesprochen hatte und das brachte den Braunhaarigen kurzzeitig aus dem Konzept, bevor er wild nickte, sich erst im nächsten Moment bewusst wurde, dass das als Antwort ja gar keinen Sinn ergab.

„Gut, es war sehr schön.“, haspelte er also schnell vor sich hin, konnte nicht verhindern, dass er schon wieder leicht rosa um die Nase wurde.

„Cool. Aber du spielst auch Gitarre oder, sag mal…“

„Rui, musstest du nicht zur Arbeit?“, unterbrach Kuina den Silberhaarigen, bevor er seinen Satz beenden konnte und Kazuki war ehrlich gesagt ein bisschen froh darüber. Vor Rui hätte er sicher nicht vorspielen können und sich mit ihm zu unterhalten, fiel dem Braunhaarigen ja auch unsagbar schwer. Auch wenn er gerne dazu in der Lage wäre, einfach um Kuina zu zeigen, dass er doch nicht so abnormal war.

„Ohja, scheiße stimmt.“ Der Silberhaarige hatte wohl vergessen, was er noch sagen wollte, denn er war schon dabei hastig seine Sachen zusammen zu kramen. „Also Kuina bis morgen, Kazuki ich hoffe wir sehen uns. Komm einfach mal mit Kuina mit, wenn wir weggehen oder so.“ Und schon war er verschwunden.

„Sorry Kazu, Rui war mehr spontan da, ich hätte dir Bescheid sagen sollen.“

„Nein, schon okay.“ Der Ältere sah ziemlich geknickt aus, so wie als glaubte er, etwas falsch gemacht zu haben. „Es war nicht so schlimm gewesen, er war ja ganz nett.“ Das war wirklich Kazukis Meinung, natürlich hatte er sich nicht unbedingt wohl mit Rui hier gefühlt und er war auch froh, dass dieser gegangen war, aber er hatte jetzt auch nicht das totale Bedürfnis gehabt, vor dem Älteren wegzurennen. „Also spielen wir?“

„Klar, also wenn du was von ‚and‘ spielen willst, ich kann ‚Blindness‘ und ‚Code B‘. Ansonsten hab ich hier noch eine ganze Menge Lieder, die wir einüben können.“
 

„Sag mal, wie lange spielst du schon?“

Die beiden hatten dann wirklich mit einem Lied von ‚and‘ angefangen, waren später zu einigen Songs übergegangen, die der Braunhaarige nicht kannte, aber relativ schnell raushatte und am Ende hatten sie sogar das Lied gespielt, welches Kuina und Rui vorhin erst geschrieben hatten. Gitarre spielen hatte ja schon immer zu den wenigen Dingen gehört, die dem Braunhaarigen wirklich Spaß machten, aber mit Kuina zusammen machte es noch deutlich mehr Spaß. Einfach weil sie zu zweit die Lieder auch richtig spielen konnten, es sich schon deutlich mehr nach einem richtigen Song anhörte. Damit hatte der Jüngere nicht wirklich gerechnet, aber er hoffte, dem Blauhaarigen ging es genauso und sie könnte noch öfter zusammen üben. „Seit neun Jahren.“, antwortete er, während er langsam seine Gitarre aus Kuinas zweitem Verstärker entstöpselte, um sie wieder weg zu packen.

„Wusst ich’s doch, dass du schon länger spielst.“, meinte der Ältere nur triumphierend, hatte sein Instrument ebenfalls weggeräumt. „Du bist wirklich gut und du lernst ziemlich schnell. Also natürlich bist du nicht so gut wie ich, aber fast.“ Die letzten Worte gingen in lautes Lachen über, während Kazuki etwas überrascht und perplex zu dem anderen blickte.

„Meinst du das ernst?“ Das interessierte ihn jetzt wirklich. Dass Kuina ein guter Gitarrist war, stand außer Frage und dass er sicher einschätzen konnte, ob Kazuki gut war, glaubte er ebenfalls und auch wenn er immer noch ein bisschen der Meinung war, die Sache mit seinem angeblich guten Aussehen hätte Kuina nur aus Höflichkeit gesagt, glaubte er im Gegensatz dazu doch, dass der Ältere ehrlich zu ihm war, was seine Gitarrenfähigkeiten anging.

„Dass du gut bist?“ Ein Nicken seitens Kazuki. „Jap, das meinte ich ernst. Wenn du mich nach eben fragen würdest, ob ich eine Band mit dir gründen wöllte, würde ich sofort ja sagen. Also wenn ich noch nicht in einer wäre.“

„Danke.“ Kazuki konnte jetzt auch nicht mehr anders als breit grinsen, es tat gut, dass Gefühl zu haben, bei etwas gut zu sein, es war ein schönes Gefühl, etwas zu können. Vielleicht war er wirklich nicht so unfähig und nutzlos, wie er immer gedacht hatte. Vielleicht hatte er wirklich nur kein Selbstbewusstsein. Der Braunhaarige glaubte gerade zum ersten Mal, dass Kuina doch recht gehabt haben könnte und dass er ihm wirklich würde helfen können. Immerhin war er auch nie der Meinung gewesen, Gitarre spielen zu können, aber offensichtlich war er gut darin.

„Ich sag nur die Wahrheit.“, gab Kuina noch einen letzten Kommentar dazu ab, bevor er sich zufrieden seufzend auf sein Bett fallen ließ, während Kazuki liegend das Sofa beanspruchte. „Sag mal, Kazu. Was hälst du davon, wenn wir heute Abend noch weggehen? Also in ‘nen Club oder so.“

„Was?“ Okay, diese Frage hatte das selige Grinsen direkt von Kazukis Gesicht gewischt. Das konnte unmöglich der Ernst des anderen sein, immerhin wusste er doch, wie Kazuki auf Menschenansammlungen und solche Sachen reagierte und er glaubte kaum, dass Kuina noch einmal ein Desaster wie letztens bei dem Konzert haben wollte.

„Naja, ich hab doch gesagt, ich arbeite an deiner Selbstwahrnehmung und naja der einfachste Weg, wie du dir bewusst werden kannst, wie gut du aussiehst, ist, wenn du merkst, wie gutaussehend Fremde dich finden.“

„Das heißt?“ Der Jüngere konnte die Erklärung nicht so ganz nachvollziehen und beruhigen tat sie ihn auch nicht. Einerseits hätte er schon Lust mit Kuina auszugehen, weil er etwas mit dem anderen unternehmen wollte, aber andererseits war er nicht sicher, ob er es schaffen würde, in einen Club zu gehen.

„Naja, wir stylen uns ein bisschen, gehen weg und ich bin mir ziemlich sicher, du wirst dich vor Weibern, die dich anmachen nicht retten können… also das heißt…“ Der Blauhaarige stoppte, setzte sich jetzt wieder auf, sodass Kazuki sein grübelndes Gesicht sehen konnte. „Wir haben da noch nicht drüber geredet, aber stehst du auf Frauen oder auf Männer, ich meine, das müsste ich schon wissen, um den Club für heute Abend auszusuchen.“

„Err…“ Mal abgesehen davon, dass er den Plan des anderen überhaupt nicht gut fand, er wollte nicht angemacht werden, weder von Frauen noch von Männern, wobei er ehrlicherweise auch nicht glaubte, dass ihn irgendjemand anflirten würde, wusste Kazuki auch gar nicht, wie er die Frage beantworten sollte. Er hatte sich noch nie Gedanken darüber gemacht, es war ja nicht gerade so, dass er schon mal in einer Situation gewesen wäre, wo es eine Rolle gespielt hätte. „Ich weiß nicht.“

„Ach so. Na dann finden wir es einfach raus. Also wenn du nachdenkst, wer ist die attraktivste Person, die dir einfällt.“

„Ich hab keine Ahnung.“ Darüber musste der Größere jetzt wirklich eine Weile nachdenken, wen er attraktiv fand, was er attraktiv fand. Er war noch nie verliebt gewesen, er hatte noch nie jemanden aus seiner Klasse interessant gefunden, vielleicht irgendeinen Star... Doch als er so näher darüber nachdachte, fiel ihm doch jemand ein und er konnte gar nicht verhindern, dass er bei der Erinnerung knallrot wurde.

„Ahja, Treffer. Komm sag schon, an wen denkst du gerade?“ Kuina war das wohl nicht entgangen und jetzt wurde Kazuki nur noch ein bisschen roter. Er hatte noch niemandem davon erzählt, noch nicht einmal seiner Mutter, aber irgendwie hatte er das Gefühl, es wäre richtig, Kuina von der Sache zu erzählen.

„Naja, also als ich vierzehn war und… also der beste Freund von meinem Bruder... Ich hab immer so ein komisches Gefühl gehabt, wenn er da war und ich mochte ihn irgendwie, also irgendwie anders. Weil er war auch immer so nett zu mir und irgendwann als er mal bei uns war und Yuu gerade nicht da, da hat er mich einfach geküsst und…“ Unbewusst fuhr Kazuki sich mit den Fingern über die Lippen, versuchte sich zu erinnern, wie sich die Lippen des anderen auf seinen angefühlt hatten. Es war der erste und einzige Kuss gewesen, denn er je bekommen hatte und es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl gewesen. „Es war schön, aber ich war so geschockt und bin sofort weggerannt und dann bin ich ihm immer aus dem Weg gegangen. Naja, drei Monate später ist er sowieso weggezogen.“

„Och ist das eine süße Geschichte.“ Kazuki konnte gar nicht so schnell reagieren, wie Kuina sich ihm um den Hals geworfen hatte und ihn durchknuddelte. Aber Kuina tat sowas ja öfter, also Kazuki umarmen und seit dem ersten Mal fühlte es sich auch immer besser für ihn an. „Aber Kerle, du stehst eindeutig auf Kerle, wenn das das Einzige ist, was dir auf die Frage einfällt.“

„Okay.“ Was er darauf antworten sollte, wusste der Jüngere nicht so genau. Aber der einzige, für den er sich je interessiert hatte, war ja wirklich ein Junge gewesen, also hatte Kuina vermutlich recht.

„Gut, dann weiß ich, wo wir hingehen können. Also was sagst du, gibst du meiner Idee eine Chance?“

„Ich weiß nicht. Ich glaube, du würdest mit mir da keinen Spaß haben bei so vielen Fremden.“ Ja so oder so ähnlich waren seine Bedenken. Außerdem wollte er dem Blauhaarigen auch nicht direkt sagen, dass er nicht an das Funktionieren seines Plans glaubte.

„Aber ich bin mir sicher, die Idee ist gut. Du sollst ja auch nur merken, dass du sehr wohl heiß bist. Ich erwarte ja gar nicht, dass du irgendeinen Kerl aufreißt. Und wenn du Angst hast, dich könnte irgendwer belästigen, ich bin den ganzen Abend bei dir und ich spiel zur Not gerne deinen eifersüchtigen Freund, der alle vergrault.“ Kuina setzte wieder sein breitestes Lächeln auf und auch wenn Kazukis Zweifel noch kein bisschen kleiner waren, vor allem die Ungewissheit, was ihn erwarten würde, machte ihm noch Angst, nickte er zustimmend. Er würde es versuchen, mit seinem Nachbarn wegzugehen.

„Super. Dann mach ich dich jetzt ein bisschen hübsch, das heißt ich versuche mal, ob es möglich ist, dich noch hübscher zu machen, als du eh schon bist.“ Und bevor Kazuki protestieren konnte, war der Blauhaarige schon verschwunden. Gerade war der Schüler sich dann doch nicht mehr ganz so sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, dem Plan mit dem Weggehen zu zustimmen.
 

Unsicher zupfte der Braunhaarige am Reisverschluss seiner Jacke herum. Wobei seine nicht ganz richtig war, er hatte sich eine Lederjacke von Kuina geliehen. Sowieso war nur die Hose, die er trug, seine eigene, es war die Schwarze, die Yuu ihm geschenkt hatte. Das Oberteil hatte er auch von Kuina, wobei es mehr ein Fetzen war, der wahrscheinlich nicht mal die Hälfte seines Oberkörpers bedeckte. Und von daher war er auch nicht so sicher, ob es die beste Idee wäre, die Jacke auszuziehen.

„Drin ist es ziemlich warm, ich würde die Jacke ausziehen.“, riss Kuinas sanfte Stimme ihn aus seinen Gedanken und bevor er reagieren konnte, hatte der anderen ihn schon von der Jacke befreit. „Hey, wenn du dich ganz unwohl in dem Shirt fühlst, dann gehen wir es auf Toilette tauschen, versprochen Kazu.“

„Danke. Ich versuch es erst mal.“ Es war schon erstaunlich wie viel mutiger Kazuki alleine dadurch geworden war, dass er den Älteren kannte, dass er mit ihm befreundet sein wollte und dass er ihn irgendwie auch beeindrucken wollte, indem er seine Ängste überwand. Vorhin bei Kuina hatte er sich ja nur für das Outfit entschieden, dass der andere ihm zusammengestellt hatte, weil er Kuina zeigen wollte, dass er seinem Plan zumindest eine Chance gab.

„Gut, dann gehen wir rein.“ Kuina griff Kazukis Hand und zog ihn fröhlich voran in den halbdunklen Clubraum. Der Blauhaarige war offensichtlich jemand, der wahnsinnig auf Körperkontakt aus war, aber Kazuki, der sowas normalerweise verabscheute, störte es bei dem anderen reichlich wenig.

Der Schüler wusste gar nicht, wo er zuerst hinsehen sollte, als sie den Raum betraten, oder ob er überhaupt irgendwo hinsehen sollte. Denn überall wo seine Augen herumschweiften, die seltsamen neuen, völlig fremden Eindrücke des Nachtclubs aufsaugen wollten, trafen sie auf andere Menschen, die ihn ansahen, musterten und das ließ den Braunhaarigen am Ende doch wieder nur den Blick zu Boden senken, still Kuinas Füße beobachten, wie sie sich einen Weg durch die Menschenmenge suchten. „Da ist noch was frei an der Bar.“, vernahm er gedämpft Kuinas Stimme, sowieso war es hier ziemlich laut, fast ein bisschen zu laut für seinen Geschmack, da würde es sicher schwer werden sich zu unterhalten.

„Wollen wir nichts zu trinken kaufen?“, wandte Kazuki sich an Kuina, nachdem sie schon ein paar Minuten saßen, der Kleinere aber noch nichts weiter getan hatte als sich suchend umzusehen. Wenn er ehrlich war, würde er ja auch gerne mal gucken, wie die Leute genau aussahen, die hier normalerweise so herkamen, aber irgendwie wusste er nicht, ob er sich trauen sollte.

„Lass uns noch kurz warten, ich bin mir ziemlich sicher, du brauchst dir nichts selbst zu trinken kaufen.“, antwortete Kuina mit einem Lächeln an Kazuki gewandt, bevor er seinen Blick wieder in die Menge richtete.

„Hey Süßer, hier, von Blondie da drüben.“ Kazuki fuhr erschrocken zusammen, als ihn plötzlich eine fremde Stimme ansprach, konnte nur völlig entgeistert den Barkeeper anstarren, der gerade ein Glas mit einem hübsch angerichteten, bunten Drink vor ihn stellte.

„Hm, der sieht gar nicht schlecht aus und ist er dein Typ?“ Kuina hatte seine Aufmerksamkeit jetzt wieder Kazuki zugewandt, zumindest halb, denn sein Blick richtete sich auf einen Kerl, der am anderen Ende der Bar stand und sie beobachtete. Kazuki fühlte sich nicht ganz wohl dabei den Kerl anzusehen, aber er war ja auch nicht ganz naiv, immerhin sah er Fernsehen, er wusste, dass der andere ihm wohl den Drink ausgegeben hatte und was er damit bezwecken wollte, war auch klar und deswegen konnte er auch nicht anders als wenigstens mal kurz zu gucken, wie der Fremde aussah.

„Oh.“ Kuina hatte Recht, der Fremde sah wirklich gut aus, er hatte mittellange, durchgestylte blonde Haare und soweit er das von hier beurteilen konnte eine gute, leicht durchtrainierte Figur. Sein Gesicht sah auf die Entfernung auch ganz hübsch aus. Kazuki konnte gar nicht glauben, dass so jemand ihm etwas zu trinken ausgegeben hatte.

„Bedeutet ‚oh‘ jetzt, dass er dein Typ ist?“

„Ehm, also er sieht gut aus, aber was soll ich jetzt tun?“ Nur weil der andere gut aussah, hieß das ja nicht, dass Kazuki auch an ihm interessiert war und vor allem nicht, dass er in der Lage wäre mit ihm zu reden. Der Braunhaarige wusste ja nicht mal, ob er überhaupt mit dem anderen reden wollte.

„Freu dich über das Frei-Getränk und darüber, dass du offensichtlich heiß genug bist, um nicht mal zehn Minuten hier sein zu müssen, ohne ein Getränk ausgegeben zu bekommen und naja, wenn du Interesse an dem Typ hast, können wir rüber gehen, wenn nicht, dann bleiben wir einfach hier sitzen.“, war Kuinas Antwort, während er jetzt doch den Barkeeper herbeiwinkte, um sich selbst auch etwas zu bestellen. „Sollte er hierher kommen und dich belästigen, verjag ich ihn.“

„Okay, dann lass uns hier bleiben.“ Kazuki wandte seinen Blick dabei wieder von dem Fremden zu seinem Getränk. Ob es wohl mit Alkohol war, er hatte noch nie Alkohol getrunken? Ob er Kuina das besser vorher sagen sollte?

„Also auf einen schönen Abend.“ Der Blauhaarige hatte mittlerweile ein ähnlich buntes Getränk in der Hand und so stießen sie an und Kazuki war dann doch überrascht wie gut dieses Zeug schmeckt, wie süßer Fruchtsaft. Ja, das konnte er einen Abend lang trinken.

Die nächste Stunde verbrachten die beiden damit an der Bar zu sitzen, sich zu unterhalten und die anderen Gäste zu mustern, Kazuki fand dazu mittlerweile auch den Mut, was aber durchaus an dem bunten Getränk liegen konnte, davon hatte er mittlerweile das zweite vor sich stehen, dieses Mal hatte ein Schwarzhaariger ihn eingeladen, denn Kuina aber glücklicherweise gleich wieder vertrieben hatte. Auf jeden Fall sorgte das Zeug dafür, dass er sich weit weniger Gedanken machte, über das, was er tat, er hatte es sogar geschafft immer mal wieder ein paar Worte mit dem Barkeeper zu wechseln, der wohlgemerkt Kazukis Meinung nach der Bestaussehendste hier war. Seine Unsicherheit war wie auf magische Weise fast verschwunden, wenn das nur immer so sein könnte.

„Kuina, wollen wir tanzen?“, wechselte er irgendwann ihr Gesprächsthema. Er wusste auch nicht so genau, wie er jetzt auf die Idee gekommen war, aber wenn er sich die ganzen tanzenden Gäste so ansah, bekam er unbegreiflicher Weise Lust dazu.

„Gerne.“, kam es auch sofort von dem anderen, der aber doch deutlich überrascht aussah. Dennoch ergriff er direkt Kazukis Hand und zog ihn auf die Tanzfläche. Wobei Kazuki jetzt erst klar wurde, dass er überhaupt keine Ahnung hatte, wie man tanzte. Er würde einfach versuchen, das zu tun, was der Ältere auch machte, also begann er etwas unsicher seine Hüften zu bewegen, stellte aber ziemlich schnell fest, dass das durchaus Spaß machte und so wurden seine Bewegungen immer ausgelassener. Am Anfang hätte er ja nie gedacht, dass er an diesem Abend so viel Spaß mit Kuina haben würde, aber gerade war er verdammt froh, mit dem anderen hierhergekommen zu sein.

Kazuki war noch immer völlig in seinen Gedanken und der Musik versunken, als ihn jemand grob am Arm herum riss und er plötzlich nicht mehr Kuina, sondern einem fremden, braunhaarigen Riesen gegenüber stand. Und jetzt fühlte er sich doch nicht mehr so wohl, der andere war viel zu nah vor ihm, ihre Körper berührten sich fast, außerdem hielt er noch immer Kazukis Arm in seinem Griff und der Blick mit dem er ihn musterte, gefiel dem Schüler am aller wenigsten.

„Lust zu tanzen, mein Hübscher.“ Oh nein, hatte er nicht, aber gerade war Kazuki wieder wie erstarrt. Er würde am liebsten sofort hier wegrennen, aber er konnte sich nicht bewegen, stattdessen ließ er sich von dem Braunhaarigen sogar etwas von Kuina wegziehen. Im nächsten Moment schlangen sich zwei Arme von hinten um ihn, hielten ihn zurück und Kazukis Anspannung war von einer Sekunde auf die andere wie weggewischt. Er wusste nicht warum, aber er hatte sofort gemerkt, dass es Kuina war, der ihn festhielt und als der Kopf des Blauhaarigen sich auf seine Schulter legte, hatte er die Gewissheit, die er eigentlich nicht mehr gebraucht hatte.

„Lass meinen Freund in Ruhe.“, zischte der Ältere und darauf verschwand der Fremde auch wirklich.

„Können wir uns wieder setzen.“ Das wäre Kazuki wirklich lieber, tanzen machte Spaß, aber befummelt werden wollte er nicht. Dann doch lieber rumsitzen, trinken und sich mit dem Barkeeper unterhalten.

Und so fand er sich auch ein paar Minuten später an der Bar wieder. „Na Süßer, da bist du ja wieder, ich hab dich schon vermisst.“ Und kaum saß er, hatte Kazuki auch wieder einen Drink vor sich stehen, dieses Mal aber offensichtlich von dem Barkeeper.

„Danke, hier gefällt’s mir auch besser.“, gab der andere lächelnd von sich, wandte sich dann wieder Kuina zu, der ihn nur fett angrinste, aber keinen weiteren Kommentar dazu abgab. Kazuki wusste ja selber, dass er sich total anders als sonst verhielt.
 

„Weissu Kuina, das war vo~ll der schöne Abend.“, murmelte der Braunhaarige vor sich hin, war ganz froh, dass sein Nachbar ihn schon den ganzen Heimweg festhielt, weil irgendwie hatte er das Gefühl, alleine nicht mehr in der Lage zu sein, zu laufen. Aber es drehte sich auch alles so lustig, da war es schon verständlich, dass es ihm schwer fiel die Straße zu treffen.

„Kazu, du bist hackedicht. Du verträgst echt nichts.“ Der Kleinere klang eher belustigt, aber Kazuki fand gerade auch alles lustig. Er war echt froh, dass Kuina ihn mitgenommen hatte. Das sollte er dem anderen vielleicht sagen.

„Der Abend war voll schön. Danke dassu mit mir gemacht hast.“

„Kazu, das hast du mir mittlerweile schon zehn Mal gesagt.“ Der andere lachte wieder und auch wenn er nicht verstand warum, lachte der Jüngere einfach mal mit. „Aber sag mal, was war das mit dem Barkeeper?“

„Der hat mir seine Nummer gegeben.“, lallte er als Antwort, konnte nicht anders als noch breiter vor sich hingrinsen. Der Kerl war so hübsch gewesen, er konnte immer noch nicht glauben, dass der wirklich an ihm interessiert war.

„Ja, das hab ich gesehen. Und willst du dich mit ihm treffen?“

„Weissi nicht. Ersma will ich schlafen.“

„Okay, wie du willst. Aber du pennst heute besser bei mir.“
 

tbc

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Ja, da ich bei tumblr gesehen habe, dass der Royz-Blog meine FF auf seiner Liste hat, dachte ich, muss ich auch mal weiterschreiben, vielleicht sind ja ein paar neue Leser dazugekommen.
 

@Lucel: ja, für einen Schulwechsel müsste er ja mit seiner Mutter reden, aber das wird auch noch mal aufgegriffen^-^

@Panakeia: dankeschön für den Kommentar^-^ aber das mit Kazukis Schüchternheit wird ja langsam

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So also falls das hier noch jemand liest, geht es jetzt mal weiter. Ich hab mal gesehen wie viele unfertige FFs ich hier noch halb hochgeladen hab und da das ein Unding ist, musste ich mal weiter schreiben, bzw. weiter hochladen, denn ich hab noch zwei mehr Kapitel geschrieben als hier überhaupt hochgeladen sind... und jetzt hoffe ich einfach mal, dass ich in den ca. drei Wochen, die meine Schreibmotivation jetzt anhält, genug Kapitel schaffe, um mal fertig zu werden.
 

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Die schreckliche Sonne, Kazuki hasste sie. Warum musste sie ihm auch direkt ins Gesicht scheinen, das hieß warum hatte Kuina gestern Abend nicht die Rollladen runter gemacht, wenn er den Braunhaarigen schon hatte einladen müssen. Ja, daran dass der Ältere darauf bestanden hatte, dass Kazuki bei ihm schlief, konnte er sich noch erinnern und er hatte zugestimmt, etwas von dem er auch nie gedacht hätte, dass er es tun könnte. Aber er hatte gut geschlafen in Kuinas Bett, zumindest bis eben. Jetzt hatte er tierische Kopfschmerzen.

„Na Kazu, was guckst du so verkniffen.“, wurde er schon nach kurzem von Kuinas Stimme begrüßt. Der Ältere schien ihm ziemlich nahe zu sein, aber Kazukis Kopf schmerzte zu sehr, als dass er einen erneuten Versuch die Augen zu öffnen, starten wollte. „Kopfschmerzen?“

Er nickte nur kurz, verkroch sich dann einfach komplett unter die Decke, hier war es wenigstens dunkel. Gott, er würde nie wieder Alkohol trinken, denn dass seine Schmerzen daher kamen, war ihm klar, auch wenn er vorher noch nie einen Kater gehabte hatte, kannte er es doch von Yuu.

„Nimm das, dann geht’s dir gleich besser.“ Kuina hatte die Decke leicht angehoben, was der Jüngere nur mit einem Murren quittierte, fiel so doch wieder Licht in sein Versteck, hielt ihm eine Tablette entgegen, die Kazuki dann aber doch nahm. Er vertraute dem anderen mal, dass er sicherlich mehr Erfahrung hatte, was man gegen einen Kater tun konnte. „Du hast noch nie getrunken oder?“

Da Kazuki sich noch immer nicht in der Lage fühlte ins Licht hervorzukriechen, nickte er nur und hoffte einfach mal, dass Kuina die Bewegung der Decke richtig deutete.

„Ja, dachte ich mir. Du warst ziemlich schnell betrunken.“ Von dem Älteren kam ein leises Lachen und Kazuki war ihm dankbar, dass wenn er sich schon lustig über ihn machte, er es wenigstens leise tat. Laute Geräusche waren bei seinen momentanen Kopfschmerzen nämlich wahrscheinlich nicht das beste. „Ich hol kurz ein bisschen Frühstück, weil du siehst nicht so aus, als ob du aufstehen wölltest, aber du solltest was essen.“ Und mit diesen Worten war Kuina schon verschwunden, zumindest vernahm Kazuki das Geräusch der Zimmertür. Hunger hatte er aber eigentlich gar nicht, nur etwas zu trinken hätte er gerne.

Der Braunhaarige merkte gar nicht, dass Kuina irgendwann zurückkam, war unter seiner Decke wohl wieder eingenickt, denn er wurde erst wach, als der Blauhaarige ihn frech in die Seite piekste. „Essen ist fertig, Schatz.“, fiepte er dabei affektiert, piekste Kazuki erneut und dieser wollte gerade leidend protestieren, als ihm bewusst wurde, dass sein Kopf ja gar nicht mehr weh tat. Die Tabletten hatten erstaunlich schnell gewirkt, aber darüber war er ganz froh. Und so befreite Kazuki sich dann doch aus seiner Deckenhöhle, wurde auch direkt von dem grinsenden Gesicht seines Nachbarn begrüßt. Warum war der überhaupt schon so fit, er hatte doch mindestens genauso viel getrunken wie der Jüngere. „Also ich hab Orangen- und Multivitaminsaft, Kaffee und naja zu essen gab es nur Toast und Nutella, ich hab vergessen einzukaufen.“ Kuina kratze sich verlegen am Kopf, deutete auf das Tablett, welches auf dem kleinen Nachttisch stand, während er sich zu Kazuki aufs Bett setzte.

„Nicht schlimm.“ Es war dem Braunhaarigen relativ egal, was es zu essen gab, er freute sich gerade nur darüber, dass der andere ihm das ans Bett gebracht hatte. Zweifelsohne Kazuki mochte Kuina, je mehr Zeit er mit dem Älteren verbrachte, desto mehr mochte er ihn und irgendwie hatte er auch immer mehr das gute Gefühl, dass es dem Kleineren genauso ging. Er fühlte sich immer wohler bei dem Blauhaarigen. Gerade war er unheimlich froh darüber, dass er den Mut gehabt hatte, sich auf Kuina einzulassen und vor allem dankbar, dass der andere sich so viel Mühe mit ihm gegeben hatte. „Ehm sag mal, Kuina was ist das?“ Während der Jüngere noch so in seinen Gedanken versunken war, hatte Kuina wohl beschlossen, ihm das Frühstück noch mundgerechter zu servieren, denn er hatte begonnen die Toasts mit diesem Zeug namens Nutella zu beschmieren. Kazuki hatte keine Ahnung, was das war, aber es schien wohl irgendeine Art Schokocreme zu sein, zumindest war es mal braun.

„Naja Nutella, sag bloß du kennst das nicht? Warum kennt das immer niemand, das ist voll lecker.“ Der Blauhaarige hielt ihm auffordernd eine Scheibe Toast entgegen und auch wenn Kazuki sich nicht ganz sicher war, dass es ihm schmecken würde, wollte er auch nicht unhöflich sein und nahm sie entgegen. „Das ist Haselnuss-Creme, kommt irgendwie aus Europa oder so und ist voll lecker. Hat mein Vater gefunden, als er in England zum Auslandssemester war und glaub mir, das ist super.“

„Hmm ja…“ Es war ziemlich süß, aber Kazuki musste zugeben, es schmeckte. Wie Nussschokolade, nur irgendwie besser. „Wirklich gut.“

„Siehst du, bei Essen kannst du mir vertrauen, ich weiß, was gut ist.“ Und dabei war der Blauhaarige so dünn, Kazuki konnte gar nicht glauben, dass der andere so viel aß. Wobei, sie hatten ja schon zusammen gegessen und Kuina hatte wirklich Unmengen in sich hineingestopft. „Aber mal zu was anderem: Was ist das eigentlich gestern mit dem Barkeeper gewesen?“

Oh nein, darüber wollte Kazuki nicht reden. Denn rückblickend war es ihm ziemlich peinlich und er konnte auch nicht so ganz glauben, dass alles, an das er sich erinnerte, wirklich genauso passiert war. Und vor allem konnte es doch unmöglich sein, dass so ein gutaussehender Kerl sich für jemanden wie ihn interessierte.

„Hey, das muss dir doch nicht peinlich sein.“ Der Ältere piekste ihn wieder breit grinsend in die Seite, worauf Kazuki nur noch ein bisschen roter wurde, seinen Blick peinlich berührt auf das Tablett vor ihm richtete. „Der Kerl ist total auf dich abgefahren, aber ehrlich gesagt ich hätte nie gedacht, dass du so aus dir rausgehst, wenn du getrunken hast.“

„Ja, ich…“ Er konnte sich das ja selbst nicht erklären. Soweit ihn seine Erinnerung nicht trügte, hatte er sich nach dem missglückten Tanzversuch mit Kuina wieder an die Bar begeben, wo er sich dann doch eine ganze Zeit mit dem Barkeeper unterhalten hatte. Dieser hatte ihm noch einige Drinks ausgegeben und wenn Kazuki genauer darüber nachdachte, hatte er auch ziemlich deutlich gemacht, dass er, wie Kuina es ausdrückte: ‚total auf den Jüngeren abfuhr‘. „Ich glaub nicht, dass er das ernst gemeint hat.“ Nein, wieso auch, immerhin war Kazuki nicht in seiner Liga.

„Nein, gar nicht, deswegen hat er dir auch seine Nummer gegeben und dich fast angefleht, dich bei ihm zu melden.“ Die Stimme des Kleineren triefte nur so vor Sarkasmus und jetzt war Kazuki doch ein bisschen verwirrt. „Und weil du auch gar nicht gut aussiehst, haben sich auch gar nicht noch mindestens fünf andere Kerle nach dir die Finger geleckt.“

„Er hat mir seine Nummer gegeben?“ Das schmeichelte ihm jetzt doch ein bisschen, aber so recht glauben wollte er es ja nicht, bis Kuina ihm sein Handy zuwarf und er selbst zur Bestätigung gucken konnte, dass in seiner Kontaktliste neben ‚Mama‘, ‚Yuu‘ und ‚Kuina‘ noch ein vierter Eintrag war. „Yuki.“, las er leise für sich. So hatte der Barkeeper wirklich gehießen.

„Ja, ich sag doch, er war total verrückt nach dir und er sah wahnsinnig gut aus.“ Kuina schien ganz begeistert von dem Thema. „Also willst du ihn treffen?“

„Err…“ Okay, Kazuki hatte die Nummer, die Nummer eines verdammt heißen Typens mit dem er gestern angetrunken auch noch irgendwie geflirtet hatte und dessen Gesellschaft ihm gestern auch noch gefallen hatte. Aber sich nüchtern, tagsüber und vor allem alleine noch mal mit ihm zu treffen, das war etwas ganz anders. Etwas das Kazuki nicht konnte, er könnte sich nicht mit diesem Yuki treffen, nicht einmal wenn er es wirklich wollen würde. „Nein, das… das kann ich nicht.“ Er konnte Sachen mit Kuina machen, sich mit ihm unterhalten und ihm einigermaßen vertrauen, aber das hieß noch lange nicht, dass er in der Lage wäre, gleich mit einem anderen Menschen umzugehen. Der Blauhaarige war nett zu ihm gewesen, aber trotzdem konnten alle anderen Menschen noch genauso gut böse sein wie vorher.

„Hm, verstehe, naja dann nicht. Weißt du, solange du keinen Freund hast, hast du auch mehr Zeit für mich, das find ich sowieso besser.“ Es war Kuinas Lachen anzumerken, dass er den Satz gerade nicht ganz ernst gemeint hatte, aber Kazuki war ihm dankbar, dass er so reagierte, dass er ihn zu nichts drängte, dass er den Größeren wohl wirklich irgendwie verstand.
 

„Und um euch richtig auf die Uniaufnahmeprüfungen vorzubereiten, werden wir dieses Jahr vermehrt Tests in Mathematik schreiben, nicht bloß die Zwischen- und Abschlussprüfungen…“ Kazuki hörte ihrem Mathelehrer nur mit einem Ohr zu, viel zu sehr war er in Gedanken noch bei dem letzten Wochenende. Er hatte so viel Neues erlebt, er war zum ersten Mal feiern gewesen, er hatte mit jemandem Gitarre gespielt, er hatte geflirtet und die Telefonnummer eines gutaussehenden Typen bekommen. Seit er Kuina kannte, war sein Leben wirklich irgendwie interessanter und mittlerweile glaubte er auch, dass er sich mit Hilfe des anderen verändern konnte. Zwar glaubte er noch immer nicht, dass er irgendwann so selbstbewusst werden würde wie sein blauhaariger Freund, aber zumindest würde er nicht so verschüchtert bleiben wie früher. Und nachdem er gestern den ganzen Tag so darüber nachgedacht hatte, wie oft er an dem Abend in der Bar angemacht worden war, glaubte er mittlerweile doch ein bisschen daran, dass er vielleicht doch nicht so schlecht aussah wie Sono immer tat oder wie er bis jetzt geglaubt hatte. Er sollte einfach versuchen seinen Peinigern nicht jedes Wort zu glauben.
 

Der heutige Montag verlief für Kazuki dann ganz entspannt und ohne Mobbing. Wobei das vor allem daran lag, dass er letzte Woche zugestimmt hatte zusammen mit ein paar anderen Schülern ihrer Klassenlehrerin bei der Inventur der Schulbibliothek zu helfen. Damit wäre er die ganze Woche während der Pausen beschäftigt und so würde er Sono und den anderen keine Angriffsfläche bieten. Okay, außer sie würden ihm nach dem Unterricht auflauern, aber das taten sie eigentlich nur sehr selten und nur wenn sie wahnsinnig schlechte Laune hatten. Und zumindest Sono hatte heute Morgen doch recht gut gelaunt gewirkt.

„Hey, Schwuchtel.“ Okay, vielleicht hatte er sich auch geirrt. Es war Sonos kalte Stimme, die ihn aufhielt, kaum hatte er das Schulgebäude verlassen. Er wollte sich gar nicht umdrehen, aber er brauchte es auch nicht, um sich vorstellen zu können, wie finster und abwertend der Schwarzhaarige ihn wohl gerade ansah. „Glaubst du wirklich, du kannst mir so einfach aus dem Weg gehen?“

Ja, wenn er ehrlich war, hatte er es geglaubt oder mehr gehofft. Er war in letzter Zeit auch einfach zu hoffnungsvoll gewesen, nur weil das mit Kuina alles so fabelhaft geklappt hatte, hieß das noch lange nicht, dass auch alles andere auf einmal toll laufen würde.

Während Kazuki noch darüber nachdachte einfach wegzurennen, bis zur nächsten U-Bahnstation war es nicht weit, spürte er schon einen Tritt im Rücken, stürzte vorweg auf den harten Steinboden. Zwar hatte er sich noch abfangen können, aber dafür hatte er sich wohl die Handflächen aufgeschürft, denn diese brannten schrecklich. Aber Zeit dazu den Schmerz irgendwie zu verarbeiten hatte er nicht, denn fast sofort spürte er einen erneuten Tritt in die Seite, rollte sich wie automatisiert zu einem Knäul zusammen, um den anderen weniger Angriffsfläche zu bieten, wie ein Baby, den Kopf fest an die Brust gedrückt und seine Arme schützend darüber.

„Weißt du, mein Tag war so scheiße, du könntest mich wenigstens ein bisschen aufbauen, stattdessen versteckst du dich vor mir.“ Sono klang richtig in Rage, zwar war seine Stimme immer kalt, beängstigend, oft wütend, aber so hasserfüllte hatte Kazuki sie noch nie vernommen und das ließ ihn unweigerlich noch mehr zusammen zucken.

Der Schwarzhaarige wollte gerade zu einem erneuten Tritt ansetzen, als ein unsicher gehauchtes „Sono“, gerade so laut, dass es die Aufmerksamkeit des anderen erhielt, ihn unterbrach. Selbst Kazuki entrollte sich aus seiner Schutzhülle, weil er selbst nicht ganz glauben konnte, wessen Stimme er gerade geglaubt hatte zu hören.

„Lass Kazuki bitte in Ruhe, er hat dir doch gar nichts getan.“ Es war wirklich Ayame. Der Blonde stand mit zu Boden gerichtetem Blick vor Sono und Saga, wobei Kazuki gerade erst auffiel, dass Ruki irgendwie nicht da zu sein schien, er zitterte merklich, aber er verteidigte Kazuki doch gerade wirklich, zumindest versuchte er es und das ließ es dem Braunhaarigen augenblicklich so warm ums Herz werden, dass er kurz davor war in Tränen auszubrechen. Er hatte nie erwartet, dass der Kleinere so etwas für ihn tun würde, nicht mal gehofft hatte er es und desto mehr freute er sich darüber. Desto glücklicher machte es ihn, weil es ihm das Gefühl gab, dass er nicht allen anderen egal war, dass es wirklich ein paar Menschen gab, die ihn mochten.

„Blondie, misch dich nicht ein. Geh nach Hause und vergiss es einfach.“ Es war Saga, der dem Blonden zuerst antwortete, während Sono den Blonden so aggressiv anfunkelte, dass es Kazuki unweigerlich eiskalt den Rücken hinunter lief.

„Lasst Kazuki bitte in Ruhe. Ihr verletzt ihn immer. Sono, du bist bestimmt kein schlechter Mensch und…“ Kazuki konnte die Szene nur geschockt betrachten, Sono holte aus, traf den Blonden direkt im Gesicht, der dem Schlag nicht viel entgegen zu setzen hatte und mit einem lauten Schlag auf dem Boden aufkam. Er wusste selbst nicht, warum er wirklich schockiert darüber war, aber irgendwie hatte Kazuki nicht gedacht, dass der Schwarzhaarige Ayame wirklich schlagen würde, den kleinen, hilflosen Ayame, der doch keiner Fliege etwas zu leide tun konnte. Wenn Kazuki Sono noch nicht hasste, dann tat er es spätestens jetzt.

„Du hättest auf Saga hören sollen.“, kam es zischend von dem Schwarzhaarigen, der einen Schritt auf den am Boden Liegenden zu ging und ihn am Kragen hochzog. Kazuki hasste es, so angefasst zu werden, er wusste wie schmerzhaft es war, wie schwer es Ayame dadurch fallen würde zu atmen. So gerne würde er dem Kleinen helfen, immerhin war er nur in dieser Situation, weil der andere ihm hatte helfen wollen. Aber Kazuki konnte sich die Szene nur fassungslos ansehen. Sono würde Ayame doch nicht noch weiter schlagen, der Blonde blutete und wirkte jetzt schon so, als ob er vollkommen fertig war, das würde doch selbst Sono nicht tun. Ein weiterer lauter Schlag und ein Wimmern des Kleinen belehrten ihn jedoch eines besseren, der Schwarzhaarige hatte erneut zugeschlagen und als Kazuki einen kurzen Seitenblick auf Saga warf, fand er selbst diesen absolut erstarrt, er besah sich die Szene vor ihnen genauso fassungslos wie Kazuki; wirkte aber nicht so, als ob er vorhätte, seinen Freund irgendwie aufzuhalten.

‚Sono, hör auf.‘, wollte er rufen, doch mehr als ein ersticktes Krächzen verließ Kazukis Kehle nicht. Seine Hände brannten noch immer höllisch, als er versuchte sich aufzurichten, aber er musste Ayame doch helfen. Der andere hatte ihm geholfen, er war so mutig für ihn eingetreten und er hasste sich dafür, dass er nicht einfach auf Sono losgehen und Ayame aus seinem Griff befreien konnte, dass er immer noch zu viel Angst vor dem Schwarzhaarigen hatte.

„Hey Kleiner, du solltest Blondie lieber loslassen oder ich garantiere dir, dass du ein ganz großes Problem bekommst.“ Die fremde Stimme, die Sono so plötzlich unterbrach, überraschte doch alle Anwesenden sichtlich. Sie gehörte zu einem großgewachsenen Brünetten, der lässig mit den Händen in der Tasche vor Sono und Ayame stand. Er hatte sehr weiche, etwas feminine Gesichtszüge, ähnlich wie Ayame oder Kazuki selbst, einen etwas auffälligen Kleidungsstil, die langen Haare fielen ihm locker auf die Schultern, glänzten dabei ganz wundervoll im Licht der Nachmittagssonne. Er war wirklich bildhübsch, nur der eisige Blick mit dem er Sono betrachtete, passte nicht so ganz zum Gesamtbild.

„Wer bist du denn?“ Sono versuchte betont cool zu klingen, aber ihm war doch deutlich anzumerken, dass er in der Anwesenheit des Fremden nicht mehr ganz so selbstsicher war.

„Wenn du die beiden nicht bald in Ruhe lässt, dein schlimmster Alptraum.“ Der Fremde hingegen strahlte so eine Überzeugung und Ruhe aus, schien damit nicht nur Kazuki enorm zu beeindrucken. Auch Sono war spürbar eingeschüchtert, so dass er nur leise schnaubte, Ayame dann aber ohne weiteres aus seinem Griff entließ und mit Saga davon stolzierte. Aber jetzt wo der Schwarzhaarige verschwunden war, erwachte auch Kazuki aus seiner Starre, eilte hastig zu Ayame, der nur leise keuchend auf dem Boden kniete.

„Ayame, warum hast du das gemacht?“ Nicht dass Kazuki ihm nicht unendlich dankbar war, aber er verstand einfach nicht, warum der Kleinere sich in eine solche Gefahr begeben hatte.

„Ich… ich konnte mir das nicht mehr ansehen, dass Sono immer…“ Der Blonde brach ab, versuchte sich in einem Lächeln, was aber deutlich missglückte, da ihm sein Gesicht ziemlich weh zu tun schien. „Aber irgendwie war ich glaub ich keine große Hilfe.“

„Nein, ich… ich bin dir wirklich dankbar, aber mach das nie wieder. Du tust sowieso schon genug für mich und du sollst dich nicht in Gefahr bringen.“ Kazuki fühlte sich wirklich richtig schlecht, vor allem weil Ayame deutliche Verletzungen im Gesicht hatte. Irgendwie fühlte er sich gerade viel schlechter damit, dass der andere verletzt wurde, als er ihm helfen wollte, als wenn er selbst verprügelt worden wäre.

„Hier, ihr solltet eure Verletzungen ein bisschen behandeln, damit sich nichts entzündet.“ Der hilfsbereite Fremde unterbrach die beiden, bevor Ayame antworten konnte, hielt ihnen einen kleinen Verbandskasten entgegen, einen solchen, wie ihn die meisten Autos im Kofferraum hatten. Und jetzt zierte auch ein freundliches Lächeln seine Züge und das passte Kazukis Meinung nach doch viel besser in dessen hübsches Gesicht. Wobei dem Braunhaarigen erst bei diesem Gedanken bewusst wurde, dass er den anderen gerade offen anstarrte und als dieser ihn auch noch direkt anlächelte, konnte Kazuki nur wieder peinlich berührt den Blick senken.

„Oh, das ist nicht nötig, ich hab auch Verbandsmaterial und sowas.“ Glücklicherweise war Ayame wenigstens in der Lage sich mit ihrem Retter zu unterhalten. Wieso konnte Kazuki sich eigentlich nicht mal bei dem anderen bedanken? „Aber vielen Dank für die Hilfe.“

„Kein Problem. Ich kann solche Mobber nicht ausstehen, da ist es selbstverständlich, dass ich helfe. Aber offenbar macht er das öfter, wenn du schon einen Verbandskasten dabei hast.“

„Ja, aber Sono… ja.“ Es überraschte Kazuki doch etwas, dass Ayame Sono jetzt nicht wie sonst verteidigte, aber vielleicht merkte der Blonde auch langsam, was für ein Arschloch sein Schwarm war, dass er nicht mal davor zurückgeschreckt hatte, den hilflosen Kleinen zu schlagen.

„Ihr solltet euch mehr gegen ihn wehren. Ich weiß, es ist schwer, aber glaubt mir, wenn er zu starke Gegenwehr erhält, wird er von ganz alleine aufhören.“ Der Größere wirkte so zuversichtlich und irgendwie glaubte Kazuki ihm. Er wusste nicht, was es war, aber der Fremde hatte so eine wahnsinnige Ausstrahlung, die Kazuki in ihren Bann zog, ähnlich wie Kuina, aber ganz anders als bei Kuina am Anfang hatte er überhaupt nicht das Gefühl, dass der andere ihm Böses tun könnte, dass er irgendwie ein schlechter Mensch war. Er wirkte so ganz anders als alle Menschen, denen Kazuki bis jetzt begegnet war. Und er war wirklich wunderschön, wie ein Engel. Wo er wohl so plötzlich hergekommen war? Ein Schüler war er bestimmt nicht, dafür war er zu alt und Lehrer konnte er auch nicht sein, das passte irgendwie nicht zu seinem Äußeren.

„Wie heißt du?“, platzte es einfach so aus Kazuki heraus, wusste selbst nicht, warum er so interessiert an dem anderen war und wieso er es so plötzlich schaffte Blickkontakt mit dem Älteren zu halten.

„Uruha.“
 

tbc

-8-

So weiter gehts, ein paar Leute scheinen das hier ja echt noch zu lesen^-^

einen schönen Sonntag noch und ich hoffe mal, es braucht jetzt nicht wieder drei Tage bis das hier freigeschaltet ist, sonst kommt der Sonntagsgruß wohl zu spät>.<

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Mittlerweile war es Freitag und zu Kazukis absoluter Überraschung hatte Uruhas Auftritt nicht nur bei ihm sondern auch bei Sono bleibenden Eindruck hinterlassen, denn der Schwarzhaarige hatte ihn in Ruhe gelassen und zwar wirklich in Ruhe gelassen. Zwar war Kazuki nicht so dumm zu glauben, dass das Mobbing damit für immer vorbei war, spätestens wenn Sono merken würde, dass dieser Uruha niemand war, der hier öfter auftauchte oder den Kazuki wirklich kannte, würde er wohl weitermachen, aber auch wenn es nur ein, zwei Wochen Ruhe bedeuten würde, war der Braunhaarige schon unheimlich glücklich.

Diesen Uruha bekam Kazuki auf jeden Fall nicht mehr aus dem Kopf. Der Fremde war so anders gewesen als jeder, den er bis jetzt getroffen hatte und zwar auf eine unglaublich positive Art und Weise. Zwar war der Ältere Montag nur noch ein paar Minuten bei ihm und Ayame geblieben, hatte sich noch versichert, dass es ihnen jetzt gut ging und war dann gegangen, aber das hatte gereicht, Kazuki vollkommen zu faszinieren. So wie dieser Uruha, so wäre Kazuki gerne, so wunderschön, selbstbewusst und gut.

„Kazuki, Kuina ist da.“ Die Stimme seiner Mutter riss den Braunhaarigen aus seinen Gedanken. Es überraschte ihn selbst, dass sie heute zu Hause gewesen war, als er von der Schule gekommen war. Eigentlich hatte sie die letzten Wochen fast immer Doppelschichten geschoben und wenn dann hatte sie höchstens mal vormittags frei gehabt. Aber den Schüler hatte es sehr gefreut, er wollte am liebsten jeden Tag, wenn er von der Schule kam zusammen mit ihr und seinem Bruder zu Abend essen, so wie sie es immer getan hatten, als er noch klein war.

„Ich komme gleich.“ Der Braunhaarige packte noch schnell seine Tasche, bevor er in den Flur eilte, wo ihn ein grinsender Kuina schon erwartete. Sie hatten sich seit Sonntag nicht mehr gesehen, da der Blauhaarige die Woche anscheinend mal wirklich hatte arbeiten müssen und außerdem hatte er an zwei Abenden Bandprobe und Kazuki war zwar eingeladen gewesen, hatte sich aber nicht getraut mitzukommen. Drei Fremde, wobei es eher zwei Fremde und Rui wären, waren ihm dann doch ein bisschen viel.

„Hey Kuina, sorry, bin ein bisschen spät.“, grüßte der Braunhaarige seinen Nachbarn, schlüpfte schnell in seine Schuhe und verabschiedete sich von seiner Mutter, damit sie gehen konnten. Kuina hatte vorgeschlagen ein bisschen in die Stadt zu fahren, essen oder trinken zu gehen, um sich einfach über die letzte Woche zu unterhalten. Und Kazuki hatte natürlich zugestimmt, er hatte es schon ein bisschen vermisst, mit Kuina rumzuhängen und freute sich richtig auf den Abend. Und solange sie irgendwo hin gingen, wo nicht allzu viele andere Leute waren, solange wäre es auch okay für Kazuki.
 

„Und dann hat Subaru der Idiot volle Kanne den Verstärker umgehauen und der ist jetzt natürlich total kaputt.“ Sie saßen seit mittlerweile einer Stunde in einem kleinen Restaurant, aßen und tranken, wobei Kuina darauf bestanden hatte, dass Kazuki unbedingt auch Bier trank, was der Braunhaarige anfangs etwas merkwürdig fand, aber mittlerweile, Alkohol sei Dank, hatte er aufgehört darüber nachzudenken. Der Blauhaarige berichtete übrigens fast die ganze Zeit bereits von den Proben diese Woche und je länger Kazuki zuhörte, desto mehr wünschte er sich, er könnte einfach mal auf Kuinas Angebot eingehen und mit zu den Proben gehen.

„Aber so ein neuer Verstärker ist doch ziemlich teuer.“, kommentierte Kazuki Kuinas Geschichte, nahm noch einen Schluck von seinem Bier, es war schon sein zweites und offensichtliche reichte das auch, um ihm wieder das gleiche etwas diesige Gefühl von letzter Woche zu geben.

„Ach das ist nicht das Problem. Subarus Eltern sind verdammt reich, die zahlen das schon. Es ist nur ärgerlich, weil ich so hart gearbeitet habe, um ihn mir damals zu kaufen.“

„Achso, ja das ist doof.“ Auch wenn Kazuki die anderen Mitglieder von Kuinas Band nicht kannte, bis auf Rui natürlich, war er doch mittlerweile ganz überzeugt, dass er sich ein gutes Bild von ihnen machen konnte. Immerhin erzählte der Lilahaarige oft von ihnen. „Aber wenigstens scheint ihr immer euren Spaß zu haben. Vielleicht komm ich nächstes Mal doch mal mit.“ Natürlich war das ein bisschen der Alkohol, der da aus dem Braunhaarigen sprach, aber in gewisser Weise hatte er auch wirklich Interesse Kuinas Freunde kennen zu lernen. Bei dem Älteren klang es ja immer so, als wären sie wahnsinnig nett und immerhin war Kuina ja auch ganz anders als Kazuki befürchtet hatte und vielleicht war das bei seinen Freunden genauso.

„Na wenn das so ist.“ Auf die Züge des Lilahaarigen legte sich ein breites Grinsen und Kazuki hatte irgendwie das Gefühl, dass er gerade einen Plan ausheckte, der dem Größeren nur halb gefallen würde. „Soweit ich weiß, sind Rui, Jin und Subaru heute Abend in unserer Stammbar verabredet, wenn du sie also mal kennen lernen willst, können wir da hingehen.“ Okay, das war jetzt etwas von dem Kazuki wirklich nicht wusste, ob er es wollte. Vor allem weil es ihm unangenehm wäre, einfach so bei den Fremden aufzutauchen, er wollte ja auch nicht stören. „Und keine Angst, du störst sie nicht, Rui hatte sowieso vorgeschlagen, dass wir zwei mitkommen.“

„Ich weiß nicht.“ Einerseits ja Kazuki wollte gerne, aber andererseits traute er sich auch nicht so richtig, sein ewiges Dilemma. Wobei er gerade doch schon etwas angeschwipst war und wenn er noch ein bisschen mehr trinken würde, bestünde ja die reale Chance, dass er sich auch mit Kuinas Bandkollegen unterhalten konnte und nicht nur schweigend und verängstigt rumsaß, was definitiv der Fall wäre, wenn er nächste Woche nüchtern mit zu einer der Proben gehen würde. „Wir können es ja mal versuchen.“
 

Die Bar war dann gar nicht so weit weg von dem Restaurant, indem sie gewesen waren, entfernt und irgendwie hatte Kazuki das leichte Gefühl, dass Kuina von Anfang an geplant hatte, dass sie beide den Rest noch treffen würden. Es war eine kleine Bar, die etwas versteckt in einer Seitenstraße lag und auch von innen nicht sonderlich viel hermachte. Es war auch nicht besonders voll und so entdeckte Kazuki die anderen Drei sofort, das hieß er entdeckte Rui. Der Silberhaarige saß mit zwei anderen jungen Männern an einem der hinteren Tische und Kazuki konnte wieder nur feststellen wie gutaussehend der andere war.

„Hey Jungs.“

„Oi, Kuina und…“ Die lautstarke Begrüßung kam von einem kleinen Blonden, der irgendwie so aussah, als wäre er gerade den Windeln entwachsen. Was jetzt nicht heißen sollte, dass er unstylischer als der Rest aussah, er hatte nur eben so ein niedliches Babyface und das ließ ihn wahnsinnig jung wirken, was Kazuki einerseits irgendwie neidisch machte, er wäre auch gerne so ein bisschen niedlich und andererseits sorgte es auch dafür, dass er überhaupt nicht auf den Gedanken kam vor diesem Jungen zu fliehen. Er sah eben aus wie ein harmloses Kind und mit kleinen Kindern konnte der Braunhaarige erstaunlicherweise ganz gut. „… und hallo, heißer, neuer Freund von Kuina. Mal ehrlich, wo gabelst du immer solche Kerle auf?“ Okay, das passte jetzt gar nicht mehr zu seinem süßen Äußeren und ließ Kazuki auch unweigerlich rot anlaufen.

„Subaru du Vollpfosten, das ist Kazuki, Kuinas neuer Nachbar.“, unterbrach Rui den Blonden, bevor er noch weitere peinliche Kommentare abgeben konnte. „Setzt euch ihr Zwei, schön, dass ihr noch gekommen seid.“

„Ja, klar. Kazuki wollte euch doch auch mal kennen lernen.“ Kuina hatte sich schon neben Subaru auf dem Stuhl niedergelassen, so dass Kazuki erschreckenderweise feststellte, dass er sich jetzt auf die Bank neben Rui setzen musste, weil kein anderer Platz mehr frei war. Es war nicht so, dass er direkt Angst vor Rui hatte, immerhin war der Ältere bei ihrem letzten Zusammentreffen ja nett gewesen, aber er fühlte sich irgendwie unwohl in dessen Nähe.

„Ja, wir dich auch mal, Kuina erzählt dauernd von dir. Ich bin übrigens Jin.“, meldete sich der letzte der Drei zu Wort und Kazuki versuchte einen Moment seine Unsicherheit runter zu schlucken und erwiderte die Begrüßung des zweiten Blonden. Jin sah genauso aus wie Kazuki ihn sich nach Kuinas Erzählung vorgestellt hatte, er wirkte älter und erwachsener als die anderen hatte aber ein sehr sympathisches Lächeln. Subaru hatte Kazuki sich irgendwie anders vorgestellt, irgendwie weniger niedlich.

„Ja, Kuina erzählt dauernd von dir, aber er hat weggelassen, wie hübsch du bist. Also hast du einen Freund?“ Subaru hatte das Thema wieder aufgegriffen, funkelte Kazuki interessiert an und auch wenn ihm anzusehen war, dass er betrunken war, war es Kazuki trotzdem unangenehm. Wenn der Braunhaarige nicht selbst schon einiges an Alkohol intus hätte, wäre er jetzt wohl doch schreiend weggelaufen.

„Ignorier ihn einfach Kazuki, er ist betrunken.“ Kuina unterbrach seinen Bandkollegen bevor er noch weiter ausführen konnte, wie hübsch er Kazuki fand. „Willst du noch was trinken, ich hol.“

„Ja, unbedingt.“ Alkohol war eine gute Idee, er war noch viel zu nervös, vor allem weil er durchaus merkte, dass nicht nur der betrunkene Subaru ihn die ganze Zeit anstierte, sondern auch Rui hatte seinen Blick merklich auf den Größeren gerichtet.
 

Der Alkohol wirkte dann auch genauso gut wie letzte Woche und schaffte es wunderbar Kazuki aufzulockern, so dass er nach anfänglichem Schweigen dann auch in der Lage war, sich mit den anderen zu unterhalten. Das hieß hauptsächlich unterhielt er sich mit Kuina und Jin, da Subarus betrunkene Kommentare wenig sinnvoll waren und Rui war erstaunlich still, so hätte er den Silberhaarigen gar nicht eingeschätzt.

„Möchtest du noch was trinken?“ Im ersten Moment zuckte der Braunhaarige etwas erschrocken zusammen, als Rui ihn plötzlich ansprach, nickte dann aber nur und sah dem Silberhaarigen hinterher, wie er davon ging, um ihnen etwas Neues zu trinken zu holen, war auch kaum fünf Minuten später mit zwei vollen Gläsern wieder da.

„Ey Rui, wieso hast du nur Kazuki was mitgebracht. Ich wollte auch noch was.“, kam es auch gleich meckernd von Subaru, bevor Kazuki sich überhaupt bei dem anderen hätte bedanken können. „Nur weil Kazuki so gut aussieht und du auf ihn stehst.“

„Nein, weil du schon betrunken genug bist.“, war hingegen Ruis Antwort, wieder bevor der Braunhaarige reagieren konnte. Aber Subarus Kommentar hatte ihn trotzdem aus der Bahn geworfen. Wieso sollte Rui… nein, das war absurd, sie kannten sich ja gar nicht und der kleine Sänger war ja wirklich betrunken und redete schon den ganzen Abend nur Mist und außerdem hatte Rui ja einen Freund. Und wieso machte er sich gerade überhaupt Gedanken über den unpassenden Kommentar des Jüngsten? „Nimm Subaru nicht so ernst, er wird immer etwas seltsam, wenn er zu viel trinkt und er steht auch gar nicht auf Kerle, er kriegt nur ab einem gewissen Alkoholpegel so komische Anwandlungen.“ Rui schien seinen Freund auch einfach ignorieren zu wollen, schenkte Kazuki nur ein freundliches Lächeln und setzte sich wieder neben ihn.

„Wo ist eigentlich dein Freund?“ Das fragte Kazuki sich schon den ganzen Abend irgendwie, er hatte immer gedacht, wenn man eine Beziehung hatte, machte man alles zusammen, aber dieser Hayato war ja offensichtlich nicht hier.

„Err… achso du meinst Hayato.“ Rui schien wirklich erst nicht so zu wissen, worauf Kazuki hinaus wollte, bevor es ihm doch noch eingefallen war. „Er ist nicht mein Freund, das heißt ich hab mich von ihm getrennt vor fast zwei Wochen schon.“

„Ach so.“ Das erklärte zumindest, warum der Blonde nicht hier war, wobei Kazuki sich nicht vorstellen konnte, warum Rui jemand so atemberaubenden verlassen hatte, vor allem weil die beiden doch so gut zusammen ausgesehen hatten und diesen Gedanken musste der Braunhaarige dann auch direkt erst einmal laut aussprechen. „Er war sehr hübsch, ihr beide zusammen ward sehr hübsch.“

„Ja, aber das ist ja nicht alles. Es gibt wichtigeres als das Aussehen.“ Rui lächelte noch immer und Kazuki wusste gerade nicht, ob es am Alkohol lag, aber plötzlich fühlte er sich ganz flau, wenn er den anderen so ansah. „Aber sag mal, du spielst doch Gitarre oder?“

„Err ja.“ Das war jetzt zwar ein komischer Themenwechsel, aber ehrlich gesagt, war der Jüngere froh darüber. Beziehungen und Liebe waren nun wirklich keine Themen, über die Kazuki reden wollte, er hatte doch gar keine Ahnung davon.

„Und spielst du schon lange?“ Das Thema entspannte den Braunhaarigen wirklich und über Musik konnte Kazuki sich dann auch ziemlich gut mit dem Älteren unterhalten, wobei es vielleicht auch einfach daran lag, dass er angenehm angetrunken war und so ein richtiges Gespräch mit Rui führen konnte. Und der Silberhaarige war wirklich wahnsinnig nett und Kazuki hoffte gerade, dass diese Erkenntnis auch wenn er wieder nüchtern wäre noch anhielt und er sich auch ohne vorher drei Flaschen Bier zu trinken mit dem anderen unterhalten könnte, so wie mit Kuina eben. Wenn er genug Leute kennen würde, die nett waren, vielleicht könnte er dann auch mal weniger unsicher mit anderen umgehen, auch wenn er nicht betrunken war.
 

Insgesamt war der Abend wirklich schön gewesen und jetzt wo Kazuki hier so auf Kuinas Bett lag, sie hatten spontan beschlossen wieder bei dem Lilahaarigen zu übernachten, und den Abend Revue passieren ließ, war er sogar zuversichtlich, dass er es doch mal versuchen konnte mit seinem Freund zu den Proben zu gehen. Vor allem mit Rui hatte er sich unglaublich gut verstanden, die Angst die er noch bei ihrem ersten Treffen vor dem Silberhaarigen hatte, war vollkommen unbegründet gewesen. Aber Kazuki war sich auch bewusst, dass der heutige Abend und auch letztes Wochenende nur so gut gelungen war, weil Kuina sich solche Mühe mit ihm gegeben hatte, weil Kuina ihm seine Hand gereicht hatte als der Braunhaarige im Loch seiner Einsamkeit gefangen war und ihm den Mut gegeben hatte, diese auch zu ergreifen.

„Worüber denkst du nach?“ Kuinas Stimme riss den Jüngeren aus seinen Gedanken. Der Lilahaarige stand in seiner Zimmertür, sah in seinem XXL-Schlafshirt gerade wahnsinnig lustig aus, sodass der Größere sich ein Lachen nicht verkneifen konnte.

„Darüber, dass ich froh und dankbar bin, dich getroffen zu haben.“, antwortete er ehrlich, was sicher auch noch ein bisschen am Restalkohol lag, aber zu einem viel größeren Teil daran, dass Kazuki wollte, dass Kuina es wusste und weil er dem anderen mittlerweile fast so sehr vertraute wie seiner Mutter.

„Och Kazu.“, kam es nur von dem anderen und schon hatte er seinen quirligen Freund schon wieder um seinen Hals hängen bzw. auf sich liegen, denn der andere war zu ihm aufs Bett gehüpft und knuddelte ihn durch und da war Kuina auch wirklich der einzige Mensch, bei dem Kazuki sowas aushalten konnte. „Du bist so süß. Ich bin auch froh, dass wir uns getroffen haben. Ich bin so froh, dich als Freund zu haben.“ Der andere rollte sich wieder von Kazuki und so lagen sie eine Weile einfach nur schweigend nebeneinander auf dem Bett. Aber es war ein angenehmes Schweigen.

„Du bist ehrlich gesagt der erste Freund, den ich in meinem Leben habe.“, brach der Braunhaarige nach einer Weile das Schweigen. Irgendwie war die Atmosphäre zwischen ihnen gerade so, dass sie Kazuki das Gefühl gab, dem anderen endlich etwas ehrlich über sich zu erzählen. Genauer gesagt hatte er gerade regelrecht das Bedürfnis Kuina etwas von sich zu erzählen und das lag definitiv nicht am Alkohol. Es war eher das Gefühl, dass Kuina mittlerweile ein wichtiger Teil seines Lebens war und er wollte ihn auch mehr in dieses integrieren. Er wollte seinem Freund etwas von sich erzählen, weil das zu Freundschaft einfach dazugehört.

„Dann bist du bis jetzt nur Idioten begegnet.“ Das war ein typischer Kommentar für Kuina und das war eine der Sachen, die Kazuki an dem Älteren mochte, egal was er tat oder sagte, der andere gab ihm nie das Gefühl, seltsam zu sein.

„Naja, ich kann ja auch nicht gut mit anderen, vielleicht bin ich ein bisschen selbst schuld.“

„Quatsch, du bist halt schüchtern, da muss man sich ein bisschen mehr Mühe geben, dich kennen zu lernen. Aber man merkt sofort, dass du das absolut wert bist.“ Kuina hatte wieder sein typisches Grinsen aufgesetzt, piekte Kazuki nur kurz in die Seite.

„Irgendwie bist du der erste, der sowas zu mir sagt.“

„Was“

„Naja.“ Kazuki schwieg einen Moment, überlegte, ob er das, was er jetzt möglicherweise erzählen müsste, wirklich sagen konnte. Aber er vertraute Kuina und irgendwie hatte er das Gefühl, dass es ihm besser gehen würde, wenn er darüber sprach. „Das ich es wert bin, dass man sich Mühe mit mir gibt.“

„Aber…“ Der Lillahaarige schien einen Moment sprachlos, was Kazuki wirklich verwunderte, bevor sich plötzlich zwei Arme um seinen Bauch schlangen, Kuinas Kopf sich auf seine Brust legte. Es war seltsam und anders als sonst, wenn der Ältere ihn umarmte, aber trotzdem gab es Kazuki ein Gefühl von Sicherheit und von Nähe, angenehmer Nähe. „Du bist es absolut wert. Ich dachte, deine Mutter…“

„Nein.“, unterbrach der Braunhaarige sofort. Kuina hatte seinen Kommentar doch falsch verstanden. „Ich meine, dass du der erste bist, der sowas sagt, abgesehen von meiner Mutter. Sie ist die beste Mutter, die ich mir wünschen kann.“

„Okay. Hast du keine andere Familie? Einen Vater oder so?“ Der Kleinere klang seltsam unsicher, aber wahrscheinlich hatte er sich gemerkt, wie empfindlich Kazuki immer auf Fragen zu sich selbst reagierte. Aber als er das Thema angeschnitten hatte, hatte er sich ja schon dazu entschieden gehabt, dass er es Kuina jetzt erzählen würde. „Ich… wo fang ich an… Meine Mutter hat geheiratet als sie ganz jung war, sie hatte kaum die Schule verlassen und hat damals einen ziemlich gut situierten Mann kennen gelernt. Soweit ich weiß, war er Banker und fast zehn Jahre älter als sie und ihre Eltern, also meine Großeltern waren unheimlich glücklich darüber, dass sie so einen tollen Mann gefunden hatte, sie haben ihn regelrecht vergöttert und naja dann kam Yuu irgendwann zur Welt und ihr Glück war perfekt. Meine Großeltern liebten Yuu und es war alles so, wie sie es sich für ihre Tochter erträumt hatten. Ungefähr ein Jahr nach Yuus Geburt ist sein Vater aber bei einem Unfall gestorben, ich weiß nicht genau, was passiert ist, meine Mutter redet nie von ihm und meine Großeltern haben es immer nur ‚den Unfall‘ genannt. Weil meine Mutter ja selber nicht gearbeitet hat, ist sie mit Yuu zusammen zurück zu ihren Eltern gezogen. Und naja knapp zwei Jahre später bin ich geboren worden. Ich weiß nicht viel über meinen Vater, meine Mutter hat immer nur gesagt, dass es besser ist, dass ich ihn nicht kenne und dass es auch vollkommen egal ist, weil ich von ihr mehr geliebt werde, als andere Kinder von ihren beiden Eltern zusammen. Meine Großeltern haben mir mal gesagt, dass mein Vater irgendein abgeranzter Möchtegern-Musiker wäre, immer high und betrunken und kein Umgang für ihre Tochter und dass ich sicher mal genauso schrecklich werden würde. So sehr wie sie Yuu geliebt haben, so sehr haben sie mich verabscheut. Sie haben sich um uns beide gekümmert, weil Mutter angefangen hatte, als Krankenschwester zu arbeiten und dann nicht so viel zu Hause war. Zu Yuu waren sie auch ganz wunderbar, sie waren sicher ganz tolle Großeltern, aber er war ja auch ein anständiger Junge. Ich war nur ein ‚Bastard-Kind‘.“

„‘Bastard-Kind‘?“ Kuinas erschrockener Ausruf unterbrach Kazukis Redefluss, aber Kazuki konnte nur nicken. Wenn er genauer darüber nachdachte, konnte er sich nicht daran erinnern, dass seine Großeltern ihn je bei seinem richtigen Namen genannt hatten, wenn seine Mutter nicht dabei gewesen war. Aber als Kind hatte er immer geglaubt, dass das richtig war, dass er wirklich schlecht war. Es hatte so viele schöne Bilder von Yuu mit seinem Vater und ihrer Mutter gegeben, aber kein einziges von Kazuki mit seinem Vater. Er hatte geglaubt, dass er nicht normal war.

„Ja, sie haben mich immer so genannt, auf jeden Fall haben sie nie Kazuki gesagt. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass sie jemals nett zu mir waren oder mir etwas geschenkt hätte oder so. Außer wenn meine Mutter dabei war, dann waren sie irgendwie normal. Aber meine anderen Verwandten waren alle genauso, niemand mochte mich außer meiner Mutter.“ Der Braunhaarige hielt kurz inne. Es war seltsam darüber zu reden, vor allem da er schon die ganze Zeit Kuinas entsetztes Gesicht sah, auch wenn er versuchte starr zur Decke zu blicken. Aber wenn er ehrlich war, glaubte er noch immer, dass seine Großeltern recht hatten, dass er weniger gut als Yuu und normale Kinder war. Er hatte es damals als ganz normal angenommen, dass er weniger wert war. „Einmal haben wir alle zusammen ein großes Neujahrsfest gehabt. Das war als ich gerade fünf war und ich wollte meiner Oma den Tisch abräumen helfen, ich wollte immer besonders brav sein und hab immer geholfen, damit sie mich irgendwann auch mal so mögen wie Yuu, aber es hat irgendwie nie etwas gebracht. Und dann hab ich einen ganz teuren Teller runterfallen lassen. Mein Großvater ist sofort aufgesprungen und hat mir eine Ohrfeige gegeben und mich angeschrien, dass ich ein wertloser Nichtsnutz wäre und es besser wäre meine Mutter hätte mich nie geboren. Meine Mutter ist damals richtig ausgerastet und ich weiß nur noch, dass ich wahnsinnig geweint habe und Yuu mich in unser Zimmer gebracht und getröstet hat. Yuu war immer nett zu mir, er hat mir auch immer etwas abgegeben, wenn er Süßigkeiten von unseren Großeltern bekommen hat.“ Kazuki dachte selten an diesen Tag, denn noch jetzt erzeugte die Erinnerung einen dicken Kloß in seinem Hals. „Auf jeden Fall ist unsere Mutter später an dem Abend in unser Zimmer gekommen, sie hat ganz eilig alle unsere Sachen gepackt und mitten in der Nacht ist sie mit uns nach Tokyo abgehauen. Wir haben erst in einem kleinen Hotel gewohnt, dann in einer Ein-Zimmer-Wohnung in Ueno. Am Anfang hat meine Mutter wirklich Tag und Nacht gearbeitet, sie hatte drei Jobs und ich glaube sie hat auch mal als Hostess gearbeitet, weil wir einfach nicht genug Geld hatten. Aber trotzdem hat sie sich immer ganz viel Mühe gegeben für Yuu und mich da zu sein. Erst als sie wieder einen Job in einem Krankenhaus hier in der Nähe bekommen hat und wir hierher gezogen sind, wurde unser Leben irgendwie… naja normal. Aber sie schiebt mittlerweile auch wieder viele Doppelschichten, weil Yuus Uni so teuer ist und ich ja auch bald studieren muss. Auf jeden Fall hab ich mir damals immer die Schuld gegeben, dass es uns so schlecht ging und dass wir von unseren Großeltern weg sind, obwohl wir es da ja irgendwie gut hatten. Aber Mama hat immer gesagt, es wäre deren Schuld. Sie meinte sie würde lieber den Rest ihres Lebens 80 Stunden die Woche arbeiten, als zu ihren Eltern zurückzugehen, nicht nachdem sie mich so behandelt hätten. Sie hat immer gesagt, sie würde mich über alles lieben und sie würde nicht zulassen, dass mir jemand weh tut.“ Kazuki liebte seine Mutter und er glaubt, egal was er sagte, es könnte gar nicht ausdrücken, wie wunderbar sie war. Wie viel sie für Yuu und ihn getan hatte. „Sie ist eine wunderbare Mutter. Und sie ist wirklich die einzige, die mir immer das Gefühl gegeben hat, dass ich wert bin, dass sie das alles tut.“

„Du bist es wert, Kazuki. Bitte, lass dir niemals etwas anderes einreden. Deine Mutter hat recht und du kannst froh sein, so eine tolle Mutter zu haben.“ Kuina hatte eine ganze Weile geschwiegen, aber das konnte der Braunhaarige verstehen, jetzt hatte er sich nur näher an den Größeren gekuschelt und diesem gefiel es erstaunlich gut, so gehalten zu werden. Es war die richtige Entscheidung gewesen, es dem anderen zu erzählen, da war Kazuki sich sicher. „Du bist ein toller Mensch.“
 

tbc

-9-

Der Braunhaarige spielte nervöse an seinen Fingern, versuchte sich irgendwie davon abzulenken, dass er mit lauter Fremden hier an diesem Tisch saß. Hoffentlich kam Yuu bald zurück und hoffentlich brachte er Alkohol mit. Kazuki wusste ja nicht mal, wieso er überhaupt hier war, wieso er sich hatte überreden lassen heute Abend mitzukommen. Denn er saß ja sowieso nur schweigend und verschüchtert hier, versuchte möglichst nicht aufzufallen und hoffte, dass der Abend bald vorbei war. Irgendwie war es viel einfacher mit Kuina wegzugehen, als mit Yuu und seinen Freunden.

Sein Bruder war heute Mittag zu ihm gekommen und hatte sich beschwert, dass Kazuki immer mit ihrem Nachbarn weggehen würde, obwohl Yuu ihn doch so oft hatte mitnehmen wollen, er aber immer abgesagt hatte. Und da der Schüler seinen Bruder ja liebte und nicht wollte, dass der etwas anderes dachte, hatte er zugestimmt heute Abend mit ihm und seinen Freunden wegzugehen. Auch wenn ihm von Anfang an ganz unwohl bei der Sache war. Und dieses Gefühl wurde auch nicht besser je länger er hier war. Es war wie früher immer, er war ganz nervös, seine Hände zitterten leicht und er hatte eigentlich das dringende Bedürfnis hier weg zu laufen. Kazuki hatte gar nicht das Gefühl, dass dieser Abend gut laufen könnte, er hatte nicht dieses Gefühl, das er sonst bei Kuina hatte. Wenn er mit Kuina weg war, hatte er zwar auch Angst, aber er hatte auch das Gefühl, dass Kuina schon auf ihn aufpassen würde. Klar, er mochte seinen Bruder, aber irgendwie fühlte er sich bei ihm dann doch nicht so wohl wie bei dem Blauhaarigen.

„Hier Kazuki, locker mal ein bisschen auf.“ Yuu war offenbar wieder zurück, stellte ein buntes Glas vor den Jüngeren, der es auch dankend annahm. Vielleicht würde ein bisschen Alkohol helfen, er wollte seinem Bruder ja auch nicht den Abend versauen.
 

„Kei~ta~, brings‘ mir noch was trinken mit?“ Es war mittlerweile zwei Uhr morgens, vielleicht auch drei, Kazuki hatte sein Zeitgefühl vollkommen verloren oder besser in Alkohol ertränkt. Zwar fühlte er sich nicht so gut wie wenn er mit Kuina unterwegs war, aber die bunten Cocktails hatten es auch heute ganz hervorragend geschafft, ihn aufzulockern. Und Yuus Kumpel Keita war wirklich ganz nett, Kazuki hatte sich ein wenig mit ihm über Musik unterhalten. Mit den anderen, seinen Bruder eingeschlossen, konnte man ja nicht reden, die hatte ja kein anderes Thema als Frauen. Und die interessierten Kazuki kein Stück. Vor allem die zwei nervigen, blonden Exemplare, die mittlerweile mit an ihrem Tisch saßen. Nein, die waren wirklich schrecklich, argh. Kazuki mochte keine Frauen, aber Keita war ganz süß, aber sicher alles andere als schwul, und naja auch nicht ganz so süß wie der Barkeeper letztens, vielleicht sollte er ihn doch mal anrufen, er hatte die Nummer ja noch, aber er musste bestimmt arbeiten; oder Rui, Rui war wunderschön und mit ihm hatte Kazuki sich auch wirklich gut verstanden, aber von Rui hatte er ja keine Nummer, kein Garnichts. Wieso dachte er überhaupt immer an Kerle, wenn er betrunken war?

„Hier, Schnapsdrossel. Nicht dass du schon voll genug wärst.“ Keita war mit einem Glas für Kazuki zurückgekommen, dass dieser auch sofort etwas unbeholfen an sich nahm und gleich zur Hälfte hinunter kippte.

„Ihh, was is‘ das denn?“ Das Zeug war total widerlich, nicht so schön süß und bunt.

„Sake. Echte Kerle trinken keine bunten Mädchen-Drinks.“

„Kazuki kann trinken, was er will. Er ist immer heiß.“ Jetzt mischte sich auch noch eine von diesen Blondies ein und Kazuki gefiel es gar nicht, dass sie ihm auf einmal so nahe kam. Sie sollte sich an Yuu ranmachen oder so, nicht an ihn. „Wie wär’s wenn wir zwei die Party wo anders hin verlegen?“ Sie war ihm mittlerweile so nah, dass sie ihm die Worte ins Ohr flüsterte und Kazuki wurde nur noch unwohler, er war fast soweit, dass er trotz seines erhöhten Alkoholpegels weglaufen würde.

„Bestimmt nicht.“, brachte er etwas unsicher hervor und offenbar auch viel zu leise, denn die Blonde reagierte gar nicht, nein anstatt Kazuki in Ruhe zu lassen, lehnte sie sich sogar noch näher zu ihm und hauchte ihm einen Kuss auf die Ohrmuschel. Okay das war zu viel. Ruckartig stand der Braunhaarige auf, wäre fast vorne übergefallen, weil die schnelle Bewegung seinem alkoholvernebelten Hirn gar nicht gut getan hatte. Aber das war jetzt egal, er musste hier weg, die Situation war ihm so unangenehm, sein Körper hatte ja schon wieder von ganz alleine seinen Fluchtreflex ausgelöst. Es war eine verdammte scheiß Idee gewesen mit Yuu wegzugehen.

Als Kazuki endlich draußen vor der Bar ankam, ihn die kalte Nachtluft umwehte, merkte er erst wie viel er eigentlich getrunken hatte. Schwankend lief er ein paar Schritte zur nächsten Hauswand, stützte sich kraftlos gegen diese. Gott, er konnte kaum stehen, wieso musste er auch so viel trinken. Okay, weil er sich sonst mit niemandem hätte unterhalten können. Und wieso war Yuu ihm eigentlich nicht nachgegangen? Kuina wäre ihm hinterher, er würde ihn hier nicht alleine und betrunken auf der Straße sitzen lassen. Aber sein Bruder war ja damit beschäftigt in das Höschen von dieser anderen Tussi zu kommen.

„Hey Kleiner, ist alles okay?“ Kazuki wusste nicht, wie lange er versuchte sich an der Wand-festhaltend Richtung Bahnstation fortzubewegen, wobei er nicht mal sicher war, ob er in die richtige Richtung ging, als ihn eine fremde Stimme ansprach. Verwirrt drehte der Braunhaarige sich um, blickte direkt in das Gesicht eines fremden, schwarzhaarigen Kerls.

„Ich… nach Hause.“ Der Braunhaarige ging ein paar Schritte, stolperte aber wieder nur selbst über seine eigenen Füße. Der Schwarzhaarige schien aber noch ganz nüchtern, denn er fing Kazuki, verhinderte so, dass er auf dem Boden aufschlug. Und auch wenn er sicher nicht gerne in den Armen des Fremden lag, war er doch froh, nicht mit dem dreckigen Steinboden Bekanntschaft gemacht zu haben.

„Du bist ganz schön betrunken, Süßer. Ich glaub, du gehörst ins Bett.“ Ein dreckiges Grinsen legte sich auf die Lippen des Fremden und Kazuki war schon irgendwie klar, dass es keine gute Idee wäre, sich jetzt von dem anderen irgendwohin mitnehmen zu lassen, aber er war zu schwach und vernebelt, um sich zu wehren. Er hätte auf sein schlechtes Gefühl hören und nicht mit Yuu weggehen sollen.

„Kazuki?“ Die beiden waren nicht weit gekommen, als der Braunhaarige erneut angesprochen wurde, aber dieses Mal war es eine bekannte Stimme. Das war…

„Rui?“ Der Bassist stand wirklich nur ein paar Schritte von ihnen entfernt und er sah heute noch viel besser aus als in seiner Erinnerung. Kazuki sollte ein Foto von ihm machen.

„Kazuki, was machst du hier?“

„Er ist beschäftigt, siehst du doch.“, kam es schneller als der Schüler antworten konnte von dem Fremden und der machte sich auch wieder daran, einfach mit Kazuki weiterzugehen. Dabei wollte der Braunhaarige lieber bei Rui bleiben. Er fühlte sich zwar immer so komisch bei dem anderen, aber Rui würde ihm wenigstens nichts tun.

„Hey, hier geblieben!“ Aber Rui schien auch etwas dagegen zu haben, dass Kazuki jetzt mit dem Fremden verschwand, denn er kam schnellen Schrittes auf sie zu und befreite Kazuki, zugegeben etwas grob, aus den Armen des Schwarzhaarigen. Aber dem machte es wenig aus, dass er jetzt in Ruis Armen lag. „Ich bring dich heim, Kazuki, okay.“ Ja, das war eine viel bessere Idee als mit dem Fremden mitzugehen. Vor allem da Kazuki irgendwie immer schwächer wurde, aber Rui war ja perfekt zum Anlehnen und er roch so gut, dass Kazuki wieder nur ganz flau im Magen wurde, angenehm flau. Und dann war auf einmal alles schwarz.
 

Das erste, was er erblickte, als er die Augen öffnete, war ein weißer Bass, der im Licht der Sonne regelrecht funkelte. Kazuki hatte keinen Bass... Und er hatte auch keine schwarz-pinke Bettwäsche, und kein so großes Bett. Das hier war nicht sein Zimmer und diese Erkenntnis ließ nackte Panik in dem Braunhaarigen aufsteigen. Wo war er? Das letzte an das er sich erinnern konnte, war seine Flucht aus dem Club und die Begegnung mit diesem komischen Typen gewesen. Er war doch nicht... Nein, das konnte nicht sein, nein er war nicht mit diesem Kerl mitgegangen, das durfte nicht sein. Wieso war er nur mit Yuu weggegangen? Er war so ein Idiot, er hätte einfach zu Hause bleiben sollen.

Kazuki blieb wie versteinert so in dem fremden Bett liegen, ängstlich und unsicher, was er jetzt tun sollte. Kuina wüsste bestimmt, was zu tun war. Vielleicht sollte er seinen Freund einfach anrufen, aber er sah seine Tasche nirgends. Er sollte womöglich einfach erst mal aufstehen. Was leichter gesagt war als getan. Sich innerlich selbst verfluchend, dass er wieder viel zu viel getrunken hatte, erhob der Braunhaarige sich, lief wackelig Richtung Tür und versuchte einfach den stechenden Kopfschmerz so gut es ging zu ignorieren. Wenigstens war er bis auf seine Jacke und Schuhe vollständig bekleidet und das weckte in Kazuki doch die leichte Hoffnung, dass er doch nicht an einen Perversen geraten war.

Er wollte gerade die Hand nach dem Türgriff ausstrecken, als diese sich plötzlich öffnete und Kazuki nur mit einem erschrockenen Schrei zurückstolperte, prompt rückwärts auf dem Boden landete.

"Oh, hab ich dich erschreckt. Ich dachte nicht, dass du schon wach bist."

"Rui!" Der Braunhaarige kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und gerade fiel ihm doch ein tonnenschwerer Stein vom Herzen. Er war bei Rui und der hatte ihm sicher nichts angetan. Keine Ahnung wie er hierhergekommen war, aber das war Kazuki auch gerade reichlich egal.

"Ja, wen hast du erwartet?", kam es scherzhaft von dem Silberhaarigen, der noch ein paar Schritte auf Kazuki zu machte und den immer noch viel zu perplexen Jungen sanft wieder auf die Beine zog. "Oder hast du etwa einen Filmriss? Ich wollte eigentlich nur mal sehen, ob du wach bist und ich vielleicht Frühstück holen soll. Also hast du Hunger?"

Kazuki nickte nur langsam, konnte den anderen gar nicht richtig anblicken, viel zu verwirrt war er noch und viel zu schnell schlug sein Herz gerade wieder, war er Rui doch so unglaublich nahe. Er konnte sich gar nicht erklären, warum er immer so stark auf den anderen reagierte. Am Alkohol lag es gerade auf jeden Fall nicht, denn ausgenüchtert war er mittlerweile.

"Ok. Dann geh ich mal schnell los. Das Bad ist nebenan, wenn du dich frisch machen willst und ansonsten kannst du's dir einfach im Wohnzimmer bequem machen. Ist den Gang runter."

Auf Kazukis Nicken hin, war der Silberhaarige auch direkt wieder verschwunden und Kazuki konnte erst mal erleichtert durchatmen. Er wusste zwar immer noch nicht, was gestern Abend noch passiert war, aber Rui hatte ihm sicher nichts getan. Und irgendwie war da noch ein bisschen mehr als nur Erleichterung, irgendwie freute er sich sogar ein bisschen darüber in Ruis Bett aufgewacht zu sein. Was wohl gemerkt vollkommen absurd war und Kazuki wusste es auch nicht genau einzuordnen. Nur eines wusste er, die Vorstellung gleich mit Rui zu frühstücken und sich zu unterhalten, beängstigte ihn kein bisschen, rief in ihm nicht den Drang hervor weglaufen zu müssen und das war seltsam. Äußerst seltsam, immerhin war Rui zwar ein Freund von Kuina und bei ihrer letzten Begegnung hatten sie sich auch gut verstanden, aber das war normalerweise noch nicht genug für den Braunhaarigen, um sich in der Nähe einer Person wohl zu fühlen. Aber sich darüber jetzt den Kopf zu zerbrechen, warum das so war, würde ihn auch nicht weiter bringen und außerdem schmerzte dieser auch ehrlich gesagt ein wenig zu sehr, um sich in längere Grübeleien zu stürzen. Also beschloss Kazuki erst mal, das Angebot seines Gastgebers anzunehmen, und sich frisch zu machen. Auch wenn er sich, seit er wusste, wo er war, nicht mal mehr im Ansatz so eklig fühlte, wie das kurz nach dem Aufwachen der Fall gewesen war.

Sein "Frisch-Machen" beschränkte der Braunhaarige letztendlich aber doch darauf, sein Gesicht zu waschen und abzuschminken, und sich den Mund mit Mundwasser auszuspülen. Zu duschen fand er irgendwie unverschämt und es gab zwar seltsamerweise vier Zahnbürsten in dem kleinen Bad, aber Kazuki wusste ja nicht, ob eine davon unbenutzt war und er wollte auf keinen Fall eine nehmen, die schon von einer anderen Person benutzt worden war und andere Klamotten hatte er ja nicht dabei. So machte er sich direkt mal auf Richtung Wohnzimmer, wobei es jetzt, wo er den Flur so genauer betrachtete vielleicht doch nicht so seltsam war, dass so viele Zahnbürsten im Bad gestanden hatten. Es gab noch zwei weitere Türen von denen Kazuki nicht wusste, was sich dahinter befand und selbst wenn ein Raum die Küche war, musste hier mindestens noch eine weitere Person wohnen, denn Rui konnte sich wohl kaum 3-Zimmer-Küche-Bad leisten. Nein so reich wirkte der Silberhaarige nicht. Kazuki hoffte nur gerade inständig, dass potentielle Mitbewohner des anderen nicht da waren, denn bei dem Gedanken jetzt auf noch jemand Fremden zu treffen, wurde ihm doch wieder mehr als unwohl. Oder vielleicht wohnte Rui auch mit Subaru oder Jin zusammen, die würde Kazuki verkraften, glaubte er zumindest.

Doch diese Hoffnung zerschlug sich ganz schnell, kaum hatte der Braunhaarige die Wohnzimmertür geöffnet und wandelte sich in blanke Panik. Das war sein Alptraum, es gab genau fünf Menschen, denen Kazuki am liebsten so wenig wie möglich begegnen wollte und einer, zugegebener Maßen der am wenigsten Schlimmste, stand gerade vor ihm. Und das einzig Positive an der Situation war, dass der Blonde wohl genauso wenig mit Kazukis Auftauchen gerechnet hatte, denn er war kreidebleich und starrte den Größeren nur mit weit aufgerissenen Augen an.

"Ka... Kazuki, was machst du hier?" Der Blonde fand seine Stimme zu erst wieder und er klang ganz anders als sonst, irgendwie nervös und wenn Kazuki seinen Blick richtig deutete, dann war er nicht bloß überrascht, er war eher ängstlich. Aber wieso? So kannte er den anderen gar nicht und er konnte sich gerade keinen Reim darauf machen. Er wusste nur eins, wenn Rui nicht innerhalb der nächsten Sekunden wiederkam, würde er hier so schnell wie möglich verschwinden. Es gab nichts, nicht mal seinen Wunsch Rui näher kennen zu lernen, das stark genug war ihn auch nur eine Minute länger als nötig in einer Wohnung mit einem seiner Peiniger bleiben zu lassen.

"Ru-Schatz, kennst du Ruis kleinen Freund etwa?", kam plötzlich eine zweite Stimme aus einer Art Kochnische in der Ecke, die Kazuki im ersten Moment gar nicht aufgefallen war und auch wenn das eigentlich das Signal für den Schüler hätte sein müssen, jetzt loszulaufen, konnte er sich gerade keinen Millimeter bewegen, zu unwirklich war die Szene die sich gerade vor seinen Augen abspielte. Er kannte den jungen Mann, er kannte die braunhaarige Schönheit, die da gerade engelsgleich auf sie zu schwebte, den Blonden sanft von hinten umarmte und sich fast ein bisschen zu liebevoll an ihn kuschelte.

"Uruha?"

"Ihr kennt euch?", kam nur ein erstickter Schrei von dem Kleinen, der sich perplex gegen den Größeren lehnte und gerade so aussah, als verstünde er die Welt nicht mehr, aber Kazuki ging es ja nicht anders. Er wachte auf, ohne richtige Erinnerung in Ruis Wohnung, was nebenbei bemerkt schon fast zu viel für ihn für einen Tag war und dann traf er dort auf Ruki und Uruha, die offensichtlich... nun ja, ein Paar waren. Sie wirkten zumindest so, auch wenn Kazuki es schwer viel zu glauben, dass Ruki schwul sein sollte.

"Ich hab dir doch von diesen Arschlöchern erzählt, die ich letztens zurecht weisen musste, als ich dich von der Schule geholt hab. Er war einer von den Jungen, die sie fertig gemacht haben." Uruha schien der einzige zu sein, dem die Situation kein bisschen komisch vorkam. "Ich hab dich gestern gar nicht erkannt, als Rui dich mitgebracht hat. Aber du warst auch ziemlich weggetreten, vielleicht lag es daran." Der Braunhaarige löste sich mit einem Lächeln von seinem Freund, kam auf Kazuki zu, legte diesem vorsichtig einen Arm um die Schulter und führte ihn zum Sofa. "Setz dich erst mal, du siehst nicht so aus, als ob es dir schon wieder völlig gut geht."

Uruha hatte auch heute wieder die gleiche Wirkung auf Kazuki wie bei ihrer ersten Begegnung. Das Bedürfnis wegzulaufen, hatte sich von einer auf die andere Sekunde in Luft aufgelöst, auch wenn Ruki noch da war. Obwohl Ruki offenbar Uruhas Freund war. Wobei Ruki ehrlich gesagt gerade nicht so wirkte, als wölle er Kazuki irgendetwas tun. Wenn er den anderen so genauer betrachtete, schien es eher als habe er Angst, Kazuki könnte ihm etwas tun.

"Hier hast du schon mal was zu trinken und eine Schmerztablette, falls du Kopfschmerzen hast." Uruha hatte Orangensaft und Tee geholt und Kazuki nahm diesen nur zu gerne an, denn Durst hatte er wirklich und die Tablette könnte ihm auch gut tun.

"Danke." Kazuki schaffte es sogar den Älteren anzulächeln, als dieser sich ihm gegenüber auf dem zweiten Sofa niederließ, er wusste auch nicht wieso er Uruha gegenüber so locker war, aber er nahm es mal als positives Zeichen, dass er doch auch irgendwie normal mit Leuten umgehen konnte und wenn er nur genug Erfahrung hatte, er das auch bei allen konnte. Ruki schien im Gegensatz aber gar nicht erfreut, weder über Kazukis Anwesenheit, noch darüber dass er sich offenbar mit Uruha ganz gut verstand. Der Blonde hatte sich zwar auch zu ihnen gesetzt, aber er vermied es Kazuki anzusehen oder irgendwie mit ihm zu sprechen. Er war privat offenbar ganz anders als in der Schule und das hätte der Größere so eigentlich nicht erwartet.

"Kein Problem. Wie geht's in der Schule so? Hast du mal versucht, dich zu wehren?"

"Ähm, also seit deinem Auftritt haben sie mich eigentlich in Ruhe gelassen.", antwortete Kazuki ehrlich. "Aber ich glaube nicht, dass ich es überhaupt könnte, mich zu wehren."

"Ich glaube schon, dass du das hinkriegst. Aber wenn du Hilfe brauchst, kannst du ja Ru Bescheid sagen, dann komm ich noch mal vorbei oder er hilft dir, er ist viel stärker als er aussieht." Kazuki wusste gerade nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Wobei ihm nicht entgangen war, wie verkrampft Ruki plötzlich war und wenn der Braunhaarige so darüber nachdachte, wusste Uruha wahrscheinlich gar nicht, dass sein kleiner, lieber Freund zu diesen 'Arschlöchern' gehörte, die Kazuki mobbten. Wobei das eigentlich Sinn machte, Uruha schien sowas auf den Tod nicht ausstehen zu können, da wäre er doch sicher nicht mit jemanden zusammen, der den lieben langen Tag nichts tat, als Leute nieder zu machen. "Schatz, du hast sowieso nie erzählt, dass Mobbing bei euch so ein Problem ist, ich finde, da sollte was dagegen getan werden."

"Ich... ich hab nie was davon mitbekommen.", nuschelte der Kleinste und Kazuki konnte förmlich spüren, wie die Wut in ihm hochkochte. Ruki konnte doch nicht vor seinem Freund so tun, als ob er mit nichts etwas zu tun hatte und ab Montag würde er wieder mit Sono und Saga zusammen Kazukis Leben zur Hölle machen. Das war unfair, Kazuki gegenüber, Uruha gegenüber. Und gerade hatte der Braunhaarige nicht wenig Lust, den anderen einfach zu verraten, es Ruki heimzuzahlen. Er wusste nicht mal genau, woher dieser Gedanke jetzt plötzlich kam, Kazuki hatte noch nie den Plan oder nur den Wunsch gehabt, es den Dreien irgendwie heimzuzahlen. Aber wenn er es Recht bedachte, hatte er auch noch nie die Chance dazu. Er sollte es einfach verraten, immerhin hatte Uruha auch ein Recht die Wahrheit zu erfahren.
 

tbc

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Worauf ich hingewiesen wurde, ich habe tatsächlich einfach mal Kuinas Haarfarbe im Laufe der Geschichte von blau zu lila geändert, ehm ja das war ein Versehen, aber er bleibt jetzt mal lilahaarig (immerhin ist das Kuinas einzig wahre HaarfarbexD)
 

So, bevor ich in knapp zwei Wochen in den Urlaub fahre, kommt hier noch mal ein neues Kapitel und weil es so gut passt jetzt wo ich dann einen Monat weg bin auch mit sowas ähnlichem wie einem CliffhangerxD ach ja wär hätte das gedacht, dass Ruki und Uruha ein Paar sind (außer Leute natürlich, die wissen, dass die beiden sozusagen mein zweites OTP sind und wenn sie beide vorkommen, dann sind sie eigentlich auch zusammen)

Naja der Anfang gefällt mir nicht so 100% aber es passt gut zu dem Verlauf den ich mir gedacht habe, also nicht dass jetzt bald das große Finale kommt, ich hab ehrlich gesagt noch keine Idee wie viele Kapitel es noch werden...

Naja ich wünsche allen schon mal Frohe Weihnachten und einen Guten Rutsch, bis nächstes Jahr^-^



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Kommentare zu dieser Fanfic (16)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sasuke1005
2018-03-17T13:42:53+00:00 17.03.2018 14:42
Eine unglaublich tolle wendung! ich will wissen wie es weiter geht! bitte schreib weiter!!!!!!!!
Von:  Sasuke1005
2018-03-16T21:57:28+00:00 16.03.2018 22:57
Es ist so traurig.
Irgendwie passt deine ff voll gut zum text von hertless(finde ich)
Von:  Sasuke1005
2018-03-16T20:45:20+00:00 16.03.2018 21:45
Sehr witzig die nutella szene😂👍
Ein tolles kapitel.
Von:  Sasuke1005
2018-03-16T14:16:23+00:00 16.03.2018 15:16
Die frage runde war wirklich eine coole idee.
Von:  Schnitter
2014-11-13T20:23:34+00:00 13.11.2014 21:23
Hat Kuina nicht blaue Haare?
Von:  SpacePrince
2014-11-05T18:28:13+00:00 05.11.2014 19:28
Tolles Kapitel. Freu mich schon aufs nächste ~
lg Sasu
Von:  Panakeia
2014-01-28T21:01:29+00:00 28.01.2014 22:01
yaay xDD Ein betrunkener Kazuki!!
Sehr süß ûu wirklich...
und wie Kuina Kazuki vor dem Riesen beschützt hat >_< dafür wollt ich ihn knuddeln!
Schön, dass Kazuki ein bisschen aus sich raus kommt! Und ich bin gespannt wie das weitergeht.
Vor allem... ob du nen Zeitsprung machst oder ob wir da noch was über die anstehende Pyjama-party bei Kuina erfahren ûu
Ich freu miiich~ ^__^

PS: Und huch, wie kommt deine ff denn auf den Royz-yade-blog? ;D Schön zu sehen, dass dich das ein bisschen angespornt hat xDD
Von:  Panakeia
2013-10-03T20:24:10+00:00 03.10.2013 22:24
So. Ich bin auch dabei ûu

Kazuki is ja mal ECHT schüchtern xD" Aber ich mags, wie Kuina mit ihm umgeht! total süß ^^

Ich freu mich auf das nächste kapitel!
Von: abgemeldet
2013-09-18T10:52:22+00:00 18.09.2013 12:52
stimmt..
er soll sich bloß nicht unterkriegen lassen, sondern lieber lernen parolie zu geben >-<"

dass er zwischendurch jetzt aber auch so ein paar schöne tage hatte, war gut ^^
..er darf nich aufgeben >-<"

..ich verstehe nur nicht, wieso zum beispiel ein schulwechsel keine option zu sein scheint.. :/
(und ich spekuliere mal, dass Kuina das mit dem mobbing demnächst eh heraus findet oder? ^^")
Von: abgemeldet
2013-09-01T13:47:54+00:00 01.09.2013 15:47
aaaah, schön zu sehen, dass es hier doch noch weitergeht~

Kazuki ist wirklich voll eingeschüchtert..
..ich war ja schon überrascht, als er dann tatsächlich noch Klamotten gekauft hat, ehrlich gesagt..
und auf dem Konzert.. mhm.. da war er dann echt total überfordert >-<"
aber toll von Kuina, dass er ihm hinterher gerannt ist und ihn (behutsam) ein wenig ausgequetscht hat.. ich war schon fast beeindruckt, dass Kazuki da wirklich sogar ordentlich drauf eingegangen ist ^^

..mal schaun, wie es dann bis und ab Montag für ihn weiter geht :'/


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